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Workshop: DI-Aufnahme von Gitarren

DI-Signale richtig aufnehmen und damit arbeiten

16. Juli 2024

In diesem Workshop möchte ich ein paar Gedanken und Tipps zur richtigen DI-Aufnahme von Gitarrensignalen loswerden.

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Wir leben in einer digitalen Welt, auch und gerade im Bereich der Musikproduktion. Machen wir uns nichts vor, die Entwicklung wird sich nicht mehr umkehren. Trotzdem hängen noch immer viele von uns Gitarristen an den eigentlich total anachronistischen Röhrenamps, mancher Produzent lässt noch immer die Bänder laufen und ein Begriff wird mittlerweile immer wichtiger und zwar der des Reamping. Doch welche Voraussetzungen braucht es dafür? Genau, es benötigt eine DI-Aufnahme der Gitarre. Und um die kümmern wir uns heute intensiv und versuchen, das DI-Signal ein wenig aufzuhübschen.

DI-Aufnahme von Gitarren – wozu eigentlich?

Reamping ist eine tolle Sache, ermöglicht es uns doch, jederzeit weitreichende Eingriffe in den Gitarrensound vorzunehmen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass wir, parallel oder ausschließlich, eine DI-Aufnahme des Gitarrensignals anfertigen. Aber wie funktioniert das eigentlich?

Grundsätzlich gibt es drei Szenarien, die immer wieder auftreten. Das erste ist der „klassische“ Weg, eine Gitarre steckt im Amp, dieser wird mikrofoniert und das Signal aufgezeichnet. So weit, so gut. Damit haben wir den eingestellten Sound auf Band oder in der DAW und der ist ziemlich festgelegt. Ändert sich im Laufe der Recording-Session der Gesamtsound und der Gitarrensound ist auf einmal nicht mehr passend, haben wir allenfalls die Möglichkeit, per EQ oder sonstigen soundtüftlerischen Schweinereien einzugreifen. Am Grundsound ändert sich dadurch aber nichts mehr.

Szenario Nr. 2 ist das heute immer mehr übliche, das des digitalen Recordings. Hier gibt es wiederum mehrere Möglichkeiten, die zum Erfolg führen. Entweder man arbeitet mit einem Modeler oder Profiler, wie etwa dem Quad Cortex, dem Fender Tone Master Pro, dem Line6 Helix oder einem Kemper. Hier sollte man immer neben dem eingestellten Sound auch eine „trockene“ DI-Aufnahme einplanen. Die meisten Geräte dieser Kategorie beherrschen, neben der Aufnahme des fertigen Sounds, genau diese Option. Ob man eine Spur mit fertigem Sound und parallel eine DI-Spur anfertigt oder ob man nur die DI-Spur einspielt und den fertigen Sound lediglich fürs persönliche Einspielerlebnis nutzt, spielt dabei gar keine Rolle.

Natürlich kann man ein DI-Signal auch parallel zum „echten“ Verstärker aufnehmen und dann wieder per geeignetem Equipment zum Reamping aus dem Mischpult an einen Verstärker senden. Das legendäre Gitarrensolo von Another Brick In The Wall Pt. II wurde so eingespielt, David Gilmour hat seine Les Paul Goldtop mit P90 Pickups (und nein, es war keine Strat!) stark komprimiert direkt ins Pult gespielt und diese DI-Aufnahme wurde hinterher über echte Amps geschickt und erneut aufgenommen. Kleiner Spoiler: Diese Kompression vor dem Mischpult wird nachher noch Thema sein.

Das dritte Szenario ist das der In-The-Box-Produktion. Hier wird die Gitarre direkt ans Audiointerface geschlossen und die Sounderzeugung erfolgt mittels eines von unzähligen Plug-ins, die sogar schon in den meisten DAWs in erstaunlich guter Qualität zur Ausstattung gehören. Hier muss man sich dann überhaupt keine Gedanken machen, denn die Aufnahme erfolgt hier sowieso ausschließlich als DI-Signal, das Plug-in kann jederzeit ausgetauscht oder massiv manipuliert werden. Und da wollen wir hin, wir wollen maximale Kontrolle über unseren Sound.

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Warum die DI-Aufnahme der Gitarre bearbeiten?

Nun, manchmal hat man so seine Lieblinge. Für den einen ist es der Tube Screamer, für den anderen ein Booster, der dem Gitarrensignal Lebendigkeit verleiht, andere schwören auf einen bestimmten Equalizer und wieder andere lieben ihr Compression-Pedal. Für den eigenen Wohlfühlsound sind genau diese Pedale möglicherweise essenziell und jeder, der schon mal Studio stand und über fremdes Equipment und einen fremden Sound spielen musste, kennt die Problematik. Fühlt man sich mit dem Sound nicht wohl, spielt man auch anders. Was also spricht dagegen, beide Welten zu vereinen? Für das folgende Gedankenexperiment passt daher die Zwischenüberschrift nur so semigut, es müsste heißen „Warum die DI-Aufnahme der Gitarre mit ohne alles?“ Klingt halt doof …

Grundsätzlich ist es auch hier egal, ob wir die Gitarre mit vorgeschaltetem Booster, EQ oder Compressor aufnehmen, oder ob wir wiederum Bordmittel der DAW nutzen. Folgendes Szenario kommt aber dem traditionsgefesselten Gitarristen möglicherweise entgegen und es hat einen riesigen Vorteil: Es entsteht ein Trademark-Sound, den niemand so schnell nachbauen kann. Klasse, oder? Wir Gitarristen sind eben sturköpfige Individualisten und müssen manchmal zum Glück und zum Umdenken gezwungen werden. Ich selbst habe das Experiment gewagt und einen „Revision 2“ von Redstuff Amplification vor den Kemper geschaltet und siehe da, das gibt Wärme und Eier im Sound. Das ist solch ein Always-on-Pedal, das man gern auf dem Board hat. Das Video dazu hat leider ein paar Probleme mit der Sprachverständlichkeit, da gab’s Probleme mit dem Mikro. Aber man hört hoffentlich, worauf ich hinaus will.

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Wenn ich also in einer Aufnahmesituation ein Best of Both Worlds-Szenario schaffen möchte, spricht doch nichts dagegen, ein Lieblingspedal für die Erstellung der DI-Spur zu verwenden, oder? Einfache Antwort: Nö! Erlaubt ist grundsätzlich, was gefällt. Wenn wir jetzt noch etwas System ins Gefälltmir bringen, ist der Drops gelutscht, der Käse gegessen oder der Spatz gefangen. Möglicherweise geben wir das Audiomaterial ja noch einem fremden Produzenten in die Hand. Der kann dann zwar das Plug-in ändern, nicht aber unser Lieblingspedal. Genial, oder?

Am besten: Die DI-Aufnahme direkt gut vorbereiten

Wenn wir also schon eine DI-Aufnahme planen, können wir uns ja auch direkt damit auseinandersetzen, ob wir die DI-Spur nicht direkt so richtig geil hinbekommen können, oder? Dazu gibt’s jetzt ein paar Beispiele auf die Ohren. Mein Audiointerface ist von Universal Audio, nennt sich Volt 476 und hat im Eingang einen Kompressor. Und zwar nicht irgendeinen, sondern der basiert auf dem legendären UA 1176 Studiocompressor. Ich spiele zwei Audiofiles ein, eins mit und eins ohne zugeschalteten Kompressor. In der DAW folgt mein geliebtes S-Gear Plug-in von Scuffham Amps, der Sound ist angezerrt, hier kommt der Custom ’57 zum Einsatz, die Gitarre ist eine Telecaster mit einem EMG T-Set. Und wer jetzt sagt, Batterien gehören in Taschenlampen, der hat dieses Set bislang nicht gehört.

DI-Aufnahme Gitarre Volt 476

Das Volt 476 Interface von Universal Audio verfügt über einen Kompressor, der auch ruhig mal eingesetzt werden darf

Ihr hört jeweils zuerst das DI-Signal, danach noch mal den fertigen Sound mit eingeschaltetem Plug-in. Beim DI-Signal ist der Unterschied schon klar zu hören und das Plug-in bekommt dementsprechend ein komplett anderes DI-Signal geliefert. Die Einstellungen der beiden Kanäle sind identisch!

Was passiert jetzt, wenn ich ein völlig anderes Plug-in lade? Meine Wahl fällt auf das Two Notes Audio Genome, natürlich wieder mit jeweils identischen Einstellungen. Das mit dem Compressor im Eingang eingespielte DI-Signal klingt direkt sympathischer, oder? Noch ein Versuch erfolgt mit dem Soldano Plug-in von Neural DSP, hier ist das Preset „Shania Gain“ geladen.

Ein Booster vor dem Interface macht auch ein schönes Geräusch, ihr hört den Carl Martin PlexiRanger als Treble-Booster mit Fokus auf die Frequenzen ab 2 kHz. Natürlich kann das auch ein Software-Booster oder sogar das Pedal des nachfolgenden Plug-ins, aber so richtig cool ist das nicht, denn hier spielt wieder dieser ominöse Wohlfühlfaktor mit hinein. Ihr hört einen deutlichen Sprung in der Aggressivität des Sounds. Mit dem Treble-Booster, der das DI-Signal gar nicht mal so stark verändert, lebt das S-Gear Plug-in richtig auf. Unbedingt zu beachten ist hier die Aussteuerungsanzeige des Audiointerfaces, denn wenn’s zu viel wird, kommen unschöne, digitale Verzerrungen dazu. Die kann man übrigens wunderbar umgehen, indem seinen kompletten Workflow auf 32-Bit-Float umstellt, dann gibt es keine Verzerrungen mehr. Dazu wird’s in Kürze einen zusätzlichen Workshop geben.

DI-Aufnahme Carl Martin PlexiRanger

Ein Equalizer, der einen bestimmten Frequenzbereich massiv betont, kann eine Offenbarung sein. In den folgenden Files hört ihr den EQ aus Logic Pro, der bei 6 kHz alles ins Rennen wirft. Das gibt dem nachfolgenden Plug-in so richtig Tinte auf den Füller. Tauscht man später das Plug-in aus, bleibt der leicht harsche Charakter des Sounds erhalten und sorgt für einen wiedererkennbaren Sound. So werden im digitalen Zeitalter Legenden geboren …

Nun hört ihr noch einen Boss CS-3 Compression Sustainer, neben dem Walrus Audio Mira mein persönliches Lieblingspedal im weiten Feld der Kompressoren. Wie der den Anschlag schmatzen lässt, ist einfach sensationell, ihr bekommt die Klangbeispiele zum Vergleich:

DI-Aufnahme Boss CS-3

Modulation ist auch ein heißes Ding für solch ein Experiment. Mein Eventide Micropitch geht an den Start und liefert seinen typischen, breiten Sound. Dieses Mal habe ich das Effektgerät hinter der Amp-Simulation platziert, was mittels etwas aufwändigeren Routings auch möglich ist. Abgesehen davon gibt’s diesen Effekt auch als Plug-in, aber nicht jeder hat die Mittel, die geilsten Effekte auch komplett digital vorzuhalten. Egal, was für ein Plug-in ich nun einsetze, der Trademark Sound des Micropitch bleibt erhalten.DI-Aufnahme MicroPitch

Ihr könnt es drehen und wenden wie ihr wollt, wenn man experimentiert, kommt man oft zu richtig guten Ergebnissen. Manchmal ist es auch alles nur Mist und die Arbeit hat sich nicht gelohnt, aber ohne Fehler zu machen, erreicht man nie das Experten-Level. Also verkabelt, was das Zeug hergibt, probiert aus, schafft euren eigenen Sound und lasst euch von niemandem sagen, dass das so nicht geht. Denn manchmal kommt einer, der gar nicht weiß, dass das nicht geht – und macht es einfach.

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Fazit

Experimentieren heißt die Devise. Eine gute DI-Aufnahme der Gitarre kann im Nachgang so manchen Arbeitsschritt erleichtern und holt das letzte Quäntchen Sound aus digitalem Equipment heraus. Sei es, um dem digitalen Sound die Kälte und Sterilität zu nehmen oder um sich einen persönlichen Wohlfühlsound zu schaffen, den so schnell keiner nachbauen kann. So gut die digitalen Lösungen auch mittlerweile klingen mögen, mit ein bisschen Fantasie bringen wir sie zum Leuchten. Haut rein!

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