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Vintage-Digital: Waldorf Microwave II, XT und XTk Synthesizer (1997)

Digitaler Nachfolger des Microwave 1

14. September 2024
Vintage-Digital: Waldorf Microwave II, XT und XTk

Vintage-Digital: Waldorf Microwave II, XT und XTk Synthesizer

Der Waldorf Microwave 2 Wavetable-Synthesizer ist der direkte Nachkomme des Microwave 1, der seinerzeit jedoch über analoge Filter verfügte und selbst wiederum inspiriert war durch den PPG Wave 2.2 und 2.3 Synthesizer. Als ich 1997 die ersten Testberichte zum neuen Waldorf Microwave II las und ich mich auf der Musikmesse von den klanglichen Qualitäten selbst überzeugen konnte, stand für mich eines fest: Diese Kiste muss her! Die inneren Werte ließen einem wortwörtlich das Wasser im Munde zusammenlaufen, wurde doch schon sein Vorgänger – der Microwave 1 – mit Lobeshymnen nur so überhäuft, ja wären sogar einige Dancetracks ohne den Microwave 1 vielleicht nie entstanden. Wir erinnern uns noch fern an Snap “The Power“ und was weiß ich, wie diese hippen Tracks damals alle hießen.

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Die Vorgeschichte zum Waldorf Microwave 2

Wie dem auch sei, der Microwave 1 war einer der angesagtesten und coolsten Synthesizer jener Zeit. Kaum ein Schlager kam damals ohne die typischen knackigen Bässe und Stacks aus.  Angespornt durch den unglaublichen Erfolg der ersten Microwave Generation, sah sich das Waldorf-Team ermutigt, einen würdigen Nachfolger für den Bestseller Microwave 1 zu entwickeln. Virtuell analog hieß das neue Zauberwort zu jener Zeit! Clavia hatte es mit dem Nord Lead vorgemacht und alles schien möglich zu sein.

Basierte die Klangerzeugung des Waldorf Microwave 1 noch auf einen von PPG Gründer Wolfgang Palm entwickelten ASIC Chip und analogen Curtis Filtern, so betrat man mit dem MW 2 echtes Neuland. 1997 war es dann endlich soweit und man stellte den ersten rein softwarebasierten Waldorf Synthesizer der breiten Öffentlichkeit vor. Jetzt war es möglich geworden, das Beste aus beiden Welten zusammenkommen zu lassen. Die bewährte hauseigene Wavetable-Synthese und die Klangstruktur wurde weitestgehend vom Waldorf Microwave 1 übernommen und von Grund auf neu programmiert. Dazu kamen einige wunderbare Zusatzfunktionen, wie eine Vielzahl unterschiedlicher Filtermodelle und interessante Effekte. Alles dies war undenkbar beim Waldorf Microwave 1. Der Clou dabei war – natürlich auch marketingtechnisch geschickt – dass diese Zusatzfunktionen durch ständige Software-Updates aktualisiert oder erweitert werden konnten. Das hörte man gern, denn so blieb der Synthesizer ständig auf dem neuesten Stand. Für mich was das eine Offenbarung!

Neben dem hier vorgestellten Microwave 2 Modell brachte Waldorf eine ganze Familie in unterschiedlicher Bauweisen, aber mit identischer Technologie auf den Markt. Diese stellen wir am Ende in einem eigenen Kapitel vor. Letztendlich gilt der folgende Report aber auch für Waldorf Microwave XT und XTK.

Rückseite des Waldorf Microwave II Synthesizers

Rückseite des Waldorf Microwave 2 Synthesizers

Die Wavetable Synthese hatte es mir schon seit den alten PPG Wave Synthesizern angetan, da man hier nicht nur auf die einfachen, analogen Schwingungsformen beschränkt war, sondern aus einem riesigen Schwingungsformvorrat schöpfen konnte. Ich kann mich noch entfernt an eine Aussage von Waldorf Mitarbeiter Wolfram Franke erinnern, der sagte: „Wenn wir es nicht besser hinbekommen, lassen wir es …“

Wer konnte da noch widerstehen?!

Es kam, wie es kommen musste: Der Waldorf Microwave 2 konnte an den Erfolg seines Vorgängers weitestgehend anknüpfen und sollte ebenfalls kein Ladenhüter werden. Heute, fast 12 Jahre später, hat sich die Euphorie ein wenig gelegt. Und auch wenn einige dem Microwave 1 klanglich dem Vorzug geben werden, handelt es sich doch beim Waldorf Microwave 2 um ein ausgesprochen vielseitiges und hervorragend klingendes Sound-Monster mit eigenständigem Klangcharakter, das eine riesige Bandbreite an Sounds zu produzieren vermag. Der Waldorf Microwave 2 ist noch so ein „richtiger“ Synthesizer, der nur so danach schreit, dass man sich mit ihm auseinandersetzt und in sein Innerstes vordringt, um immer wieder neue, aufregende Klänge zum Hören zu bringen.

Ein Blick von außen auf den Microwave 2

Der Microwave 2 kommt optisch recht flott daher. Für das Design zeichnete wie bei allem Waldorf Synthesizern Axel Hartmann verantwortlich und ich persönlich finde es ist sehr gelungen. Die typische rote Waldorf Nase darf natürlich auch hier nicht fehlen. War sie beim Microwave 1 noch für die Parametereinstellung zuständig, ist sie beim Waldorf Microwave 2 ausschließlich für die Anwahl der Menüs zuständig. Erfreulich ist das große 2×40 Zeichen Display (zu dieser Zeit nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit), wunderbar hell strahlt es auch noch nach 11 Jahren in den Raum. Praktisch ist die kleine MIDI-LED neben dem Display. Zeigt sie doch, ob überhaupt MIDI-Signale ankommen oder eventuell der Empfangskanal falsch eingestellt ist. Mit den vier Endlosdrehreglern unter dem Display werden die Parameter verändert, die mit den Druckknöpfen vorher angewählt wurden. Das ist praktisch und geht leicht von der Hand. Hinten gibt es das obligatorische MIDI-Trio und zwei Stereoausgänge als Main-Output und Sub-Output bezeichnet.

Der Anschluss für das externe Netzteil ist dort natürlich auch zu finden. Einen richtigen Ausschalter gibt es am MW2 leider nicht, nur einen schnöden Standby-Taster. Ok, muss man mit leben. Ich trenne meinen MW2 immer mit einer Steckerleiste inklusive Schalter vom Netz.

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Die inneren Werte des Waldorf Microwave 2

Jetzt geht es ans Eingemachte. Es ist fast unmöglich, hier jede einzelne Funktion des MW2 aufzuzeigen. Der Synthesizer ist dermaßen komplex in seinem Funktionsumfang, dass hier nur ein Überblick gegeben werden kann. Alles andere würde den Rahmen sprengen. Das folgende Block-Diagramm zeigt die Klangstruktur eines Single-Sounds im Microwave 2 auf.

Waldorf Microwave II Synthesizers Schemata

Schematische Darstellung der einzelnen Klangformungs-Blöcke

Oszillatoren und Wavetables

Es gibt zwei Oszillatoren, hier Wave-Generatoren genannt, die für die klangliche Basis zuständig sind. Sie können in weiten Bereichen gegeneinander verstimmt und mittels Sync und Frequenzmodulation miteinander verknüpft werden. Die Ausgänge beider Oszillatoren gelangen zusammen mit dem Output des Ringmodulators und des Rauschgenerators in den Mixer. Der Ringmodulator kann den MW2 je nach Verstimmung der beiden Oszillatoren herrlich metallisch-rotzig klingen lassen und ist das Mittel der Wahl, um nichtharmonische Klänge zu erzeugen. Besonders eindrucksvolle Sounds entstehen, wenn man das Keytracking für die Tonhöhe eines Oszillators feststellt. Die daraus entstehenden Klänge zaubern einem ein dickes Grinsen ins Gesicht.

Mit Sync-Funktion und Frequenzmodulation geht es richtig zur Sache. Hiermit lassen sich mit Leichtigkeit Chaos-Sounds oder einfach nur ein Höllenkrach erzeugen. Kombiniert man beide Funktionen miteinander, so klingt es, als würde das örtliche Umspannwerk gerade kurz vor dem Durchschmelzen sein.

Was den Microwave zu vielen anderen Synthesizern unterscheidet, ist die Tatsache, dass er nicht auf bestimmte feste Schwingungsformen angewiesen ist, sondern aus einen riesigen Vorrat an Schwingungsformen schöpfen kann. Diese sind in so genannten Wavetables organisiert und bilden zum Beispiel verschiedenste Filtersweeps nach oder beinhalten Schwingungsformen mit unterschiedlichem Obertonanteil. Einige enthalten aus der menschlichen Sprache gewonnene Formanten in verschiedenen Variationen und andere bestehen faktisch aus wild zusammen gewürfelten Schwingungsformen unterschiedlichster Herkunft. Das klangliche Ergebnis reicht von sanft ineinander gleitenden Klangstrukturen bis zu hart aufeinander folgenden Sprüngen.

Waldorf Microwave II Synthesizers seitlich

64 feste Wavetables gibt es im Schwingungsformspeicher des MW2, 32 vom Werk reservierte und 32 benutzerdefinierbare. Jedes Wavetable beinhaltet 64 Schwingungsformen, die entweder fest vorgeben sind oder durch Interpolation vom MW2 errechnet werden. Eine einzelne Schwingungsform kann praktisch wie ein Sample gesehen werden, das aus einem einzigen Loop besteht. Während der MW1 nur eine Halbwelle speichern konnte, erlaubt der MW2 die Wiedergabe eines kompletten Schwingungsformdurchlaufs. Somit war es erstmals möglich, eine echte Pulsbreitenmodulation als Wavetable zu implementieren. Die alten aus PPG Wave und MW1 übernommenen Wavetables bestehen allesamt nur aus Halbwellen und das ist wegen der Kompatibilität zum MW1 auch sehr gut so.

Der Clou der Wavetable-Synthese ist, dass man nicht auf statische Schwingungsformen festgelegt ist, sondern die Wavetables mittels Hüllkurven, Controller oder Anschlagstärke dynamisch durchlaufen kann. Das bringt immens Bewegung schon auf Oszillatorebene.

Natürlich finden sich auch die StandardSchwingungsformen Rechteck, Sägezahn und Dreieck im Schwingungsformspeicher, genauer gesagt immer am oberen Ende eines jeden Wavetables. LIMIT verhindert, dass diese Schwingungsformen beim Wavescanning nicht aus Versehen abgespielt werden und die Funktion FREE bewirkt, dass bei jeden neuen Anschlag eine neue Phasenlage der ersten Welle generiert wird.

Geheimnisvoll sind die so genannten UPAWs, das sind vom User generierbare Wavetables. Es ist mit externer Software (u. a Sound-Diver) nämlich sogar möglich, selber Wavetables zu erstellen und abzuspeichern – eine Soundküche zum Austoben für Freaks! Wer sich damit beschäftigen möchte, der sei auf die Klangbeispiele am Ende des Berichts verwiesen.

Und wäre das nicht schon alles genug, gab Waldorf dem MW2 noch ein paar kleine Finessen mit auf dem Weg, um auch Freunde der etwas härteren Gangart zu befriedigen. Gemeint ist Alaising, Clipping und Time-Quantisation. Wem der brillante Klang des MW2 zu edel ist, der kann mit der Alaising-Funktion ein bisschen digitalen Schmutz hinzufügen, so wie es schon die alten PPGs gemacht haben. Die Clipping-Funktion ist für die Verzerrung zuständig. Saturation ist die harmlosere Variante und bewirkt, dass die Pegelspitzen oben plattgedrückt werden und die Schwingungsform somit etwas lauter wird. Clipping sorgt für mehr Obertöne, indem sie die Schwingungsformen über dem Maximum ins Negative kehrt. Time-Quantisation sorgt ebenfalls für mehr Obertonzuwachs, indem die Interpolation beim Auslesen der Schwingungen nicht berücksichtigt wird. Insgesamt wird der Klang dadurch rauer und schärfer. Die Funktion Accuraray bewirkt eine leichte Verstimmung der Stimmen. Die entstehenden Schwebungen machen den Klang breiter.

Display des Waldorf Microwave 2

Display des Waldorf Microwave 2

Das digitale Filter des Wavetable-Synthesizers

Zwei Filter sind sogar noch besser! Und hier kann der MW2 so richtig auftrumpfen. Ich sehe hier den größten klanglichen Unterschied zum Vorgänger MW1, der ja „nur“ ein 4-Pol Tiefpassfilter besaß, wenn auch ein rein analoges mit Curtis Chips. Die beiden Filter im MW2 sind seriell geschaltet, wobei es sich bei Filter 2 nur um ein einfaches 6 dB Hoch-/ Tiefpassfilter ohne Resonanz handelt. Es dient eher dazu, dezente Korrekturen am Klang vorzunehmen, wie in etwa zuviel Höhenanteile oder umgekehrt den Bass zu beschneiden.

Wesentlicher mehr kann das Filter 1. Dieses Multimode-Filter hat einen extrem großen Funktionsumfang. Hier gibt es natürlich auch Resonanz bis zur Selbstoszillation des Filters, d. h. selbst wenn man die Oszillatoren auf Null setzt, bleibt die Selbstoszillation in Form einen Sinustons erhalten. Für ein digitales Filter ist das ein echtes Novum. Es gibt verschiedene Filtertypen wie Tief-, Band- und Hochpass-Varianten und ein paar ziemlich exotische Filtermodelle. Auf jeden Fall kommt hier viel Freude auf! Das Tiefpassfilter kommt in zwei Varianten daher: 12 dB und 24 dB. Während die sanftere 12 dB Variante gern für Flächen genommen wird, packt das 24 dB Pendant viel kräftiger zu und eignet sich gut für Bässe. Das Bandpassfilter gibt es ebenfalls in den Varianten 12 dB und 24 dB, wobei es das Hochpassfilter nur in der 12 dB Form gibt.

Die Filtertypen im Einzelnen

* Das „Sin (x) LP Filter“ ist ein Kombination von einen 12 dB Tiefpassfilter mit einem Waveshaper. Der Waveshaper verformt das zugeführte Signal in Abhängigkeit einer zugefügten Sinusschwingung. Das Ergebnis sind oft raue Sounds mit vielen Obertönen. Das nachgeschaltete Tiefpassfilter glättet den Sound bei Bedarf wieder etwas.

* Das „Waveshapr Filter“ ist im Grunde genommen so ähnlich wie das „Sin(x) LP Filter“ aufgebaut, nur eben anders herum, d. h. der Waveshaper befindet sich hinter dem Tiefpassfilter inklusive Resonanz. Ein weiterer Unterschied ist, dass jede beliebige Schwingung aus dem aktuell gewähltem Wavetable zur Modulation herangezogen werden kann. Das Ergebnis sind brachiale Sounds.

* Das „Dual L/BP Filter“ ist eigentlich nichts anderes als eine Kombination von einem 12 dB Tiefpassfilter und einem parallel geschaltetem Bandpassfilter. Die Eckfrequenz des Bandpassfilters lässt sich zu der des Tiefpassfilters verschieben, was sehr interessante Klänge auslösen kann.

* Das „FM Filter“ hat es wirklich in sich! Ein 12 dB Tiefpassfilter inklusive Resonanz wird durch die Frequenz von Oszillator 2 moduliert. Eine Spielwiese für abgefahrene Klänge, beispielsweise lassen sich so leicht stimmähnliche Klänge erzeugen. Macht wirklich viel Spaß, dieses „FM Filter“!

* Und dann gibt es auch noch das „S&H à L12dB Filter“. Hier ist einem 12 dB Tiefpassfilter eine „Sample and Hold Funktion“ vorgeschaltet, die es erlaubt, die Sampling-Frequenz des Klanges bis auf nur 20 Abtastungen/Sekunde zu reduzieren. Das Ergebnis ist schwer vorherzusagen und klanglich ist das Eingangssignal je nach Einstellung kaum noch wiederzuerkennen.

Envelopes und Modulationen

Hüllkurvengeneratoren sind wichtig und je mehr, desto besser. Der MW2 muss sich hier nicht verstecken, bietet er doch sogar derer vier an. Für Filter und Amplitude gibt je einen einfachen ADSR-Hüllkurvengenerator, viel umfangreicher ist dagegen die Wav -Envelope. Sie besitzt 8 Level und 8 Times und dient in erste Linie dazu, die Wavetables zu scannen. Und wäre das noch nicht genug, so lassen sich auch noch zwei Loop-Punkte bestimmen. Das Tolle dabei ist, sie lässt sich auch als Modulationsquelle missbrauchen. Als Bestandteil der Modulationsmatrix gibt es dann noch die Free Envelope mit je 4 Segmenten und sogar negativen Werten. Für das Triggern der Hüllkurven gibt es 3 Varianten (single, normal und retrigger) sowie 5 verschiedene Spielmodi: Poly, Dual (2×5 Stimmen), Mono, Legato Mono und Unison. Eine Portamento-Funktion ist natürlich auch vorahnden. Hier kann man zwischen stufenlosem Glide und Glissando wählen.

Zwei LFOs mit den Schwingungsformen Sinus, Dreieck, Rechteck, Sägezahn sowie Random und S&H sorgen für mehr Bewegung im Klangbild. Die LFOs können entweder völlig frei laufen, jedes Mal neu getriggert oder synchronisiert werden. Der „Humanize“-Parameter lässt die LFOs nach Belieben „eiern“, was noch mehr Bewegung ins Spiel bringt.

In der Modulationsmatrix lässt sich praktisch alles mit allem verknüpfen. Unmöglich, hier jede einzelne Funktion und deren unmittelbare Wirkung zu beschreiben. Modulationsquellen können Hüllkurvengeneratoren, LFOs, Anschlagstärke, Keytracking, Aftertouch, Modulationswheel etc. sein, aber vor allem den sogenannten Modifern kommt eine besondere Bedeutung zu. Das ist definitiv die Küche für den Soundfrickler. Einen Modifer muss man sich in etwa so vorstellen: Man bringt zwei Modulationsquellen zusammen und nutzt das Resultat wiederum als eigenständige Modulationsquelle. Neben reinen mathematischen Funktionen gibt es auch konservativere Modifer-Funktionen wie Sample and Hold, Lag Processor und Ramp, um nur einige zu nennen.

Die Effekte im Waldorf Microwave 2

Es gibt einen globalen Chorus der, wie ich finde, dem Microwave 2 einen unverwechselbaren Klangcharakter aufdrückt. Den muss man mögen oder nicht. Auf jeden Fall macht er den Klang voller und breiter, färbt ihn aber auch ziemlich stark. Die Intensität ist leider nicht regelbar, entweder voll auf oder gar nicht. Zu beachten ist, dass dieser Effekt nur über den Main-Output zu hören ist, am Sub-Output liegt er nicht an.

Die Insert-Effekte sind dagegen direkter Soundbestandteil und man kann zwischen verschiedenen Variationen wählen. Diese Effekte lassen sich dann auch editieren. Da hätten wir zum Beispiel einen Chorus, der in Geschwindigkeit und Modulationstiefe regelbar ist.

Zwei Flanger-Varianten mit verschieden editierbaren Parametern, Auto-Wah mit Tief- und Bandpassfilter sind ebenso vorhanden wie Overdrive und Amp-Mod. Klanglich extrem bereichernd sind die Delay-Effekte (nur verfügbar im Microwave 2 mit XT Board oder den XT-Varianten – siehe Kapitel unten), hier mit Delay (Mono) und Pan-Delay (Stereo) bezeichnet: für Ping-Pong-Sounds und zum Verbreitern des Klanges einfach unentbehrlich. Der letzte Effekt ist das „Mod-Delay“, ein Echo-Effekt, dessen Verzögerungszeit sich modulieren lässt. Mit dem Panning-Parameter lässt sich der Klang letztendlich noch beliebig im Stereopanorama verteilen.

Waldorf Microwave 2 XT als Rack bzw. Desktopversion

Waldorf Microwave 2 XT als Rack- bzw. Desktop-Version

Performance und Klang

Der in der Grundversion 10-stimmige (erweiterbar auf 30 Stimmen) Microwave 2 verfügt über einen 8-fachen Multimode, im Gegensatz zum normalen Single-Mode. Jeder Multisound, der Instrument genannt wird, besteht aus einem Single-Sound plus der Einstellungen für den MIDI-Kanal, Velocity etc. Es gibt 128 Speicherplätze zum Ablegen dieser Multisounds.

Besonders gut ist auch, dass man dem MW2 einen Arpeggiator spendiert hat und zwar nicht nur einen, der hoch, runter und hoch/runter kann, sondern auch die Random-Betriebsart (zufällige Reihenfolge) beherrscht und im Umfang einstellbar ist. Jedem einzelnen Sound kann der Arpeggiator zugewiesen werden und wird mit diesem direkt abgespeichert. Das Tolle daran ist, dass man im Multimode so über bis zu 8 verschiedene Arpeggiatoren verfügen kann. Das Tempo wird dann gemeinsam geregelt, aber mit unterschiedlicher Anschlagstärke oder unterschiedlicher Zuweisung der Tastatur lassen sich die verrücktesten Arpeggiator-Orgien veranstalten. Da kommt viel Freude auf. Natürlich lässt sich der Arpeggiator per MIDI synchronisieren. Das Timing-Verhalten des MW2 ist ebenfalls vorbildlich, und sämtliche Veränderungen der Klangeinstellungen werden über MIDI an die Außenwelt gesendet. Was will man mehr?

Waldorf Microwave 1 vs. Microwave 2

Was der Micowave 2 wirklich gut beherrscht, sind elektronische Sounds mit viel Eigenständigkeit. Man kann den Microwave 2 fast immer aus dem Mix heraushören. Super ist auch, dass man alle Microwave 1 Sounds als Single-Sound-Dumps in den Microwave 2 laden kann. So kann man etliche Soundbänke, die im Netz frei downloadbar sind, mit benutzen und hat eine große Auswahl unterschiedlichster Sounds zur Verfügung. Trotzdem ist das klangliche Resultat beider Microwave Versionen nicht identisch. Das liegt unter anderem daran, dass beim Microwave 1 ein analoges Curtis Filter zum Einsatz kommt, das eine ganz andere Klangcharakteristik mitbringt und natürlich auch an dem gänzlich anderen Aufbau der Soundengine.

Der Microwave 1 klingt insgesamt viel rauer und härter als der Microwave 2, der immer etwas feiner und HiFi-mäßiger tönt. Der Microwave 1 ist ja berühmt für seine fetten Bass-Sounds, dazu trägt natürlich vor allem das analoge Filter bei. Auch klassiche Oberheim Bläser und ähnliche Derivate erzeugt der Microwave 1 mit deutlich mehr Druck und Wärme.

Was aber der Microwave 2 viel besser kann, sind weiche, schwebend breite Pads und softe Brass- und Lead-Sounds. Außerdem ergeben sich durch die vielen zusätzlichen Funktionen (zusätzliche Wavetables, FM, Sync, Ringmodulation, die verschieden Filtermodelle und Effekte) viel größere klanggestalterische Möglichkeiten als beim Microwave 1. Analoge Sounds beherrscht er, allerdings können diese ihre digitale Herkunft nicht leugnen. Microwave 2 Sounds haben fast immer einen digitalen Schimmer im Klangbild. Ob man das gut findet, muss jeder mit sich selbst ausmachen.

Waldorf Microwave 2 XT als Rack bzw. Desktopversion

Die Keybard-Version gab es unter der Bezeichnung Waldorf Microwave 2 XT k

Die Microwave 2 Familie

Der Waldorf Microwave 2 ist für mich ein echtes Arbeitstier im Studio, mit sehr speziellem Klang und ohne wirkliche Alternativen. Ich liebe diese morphenden Klänge und setze den MW2 besonders gerne für bewegte Flächen, Atmos und fette Bombast-Sounds ein. Jeder Klangforscher findet hier noch eine echte Herausforderung zum Schrauben. Die Teile sind sehr robust und ich hatte in 11 Jahren noch keine Ausfälle.

Die Bedienung am Gerät geht auch recht zügig vonstatten. Wer lieber vom Computer aus editieren möchte, bitte schön: SoundDiver (nur noch gebraucht zu haben) unterstützt den Microwave 2 vollständig.

Wer es noch komfortabler möchte, holt sich die Desktop-Version Waldorf Microwave XT mit 44 Reglern für fast alle Funktionen. Dieses Modell gab es übrigens auch in einer limitierten Auflage in einem schwarzen Gehäuse.

Waldorf Microwave 2 XT in Black

Waldorf Microwave XT, Black

Eine weitere Alternative wäre die Keyboard-Version, der Waldorf Microwave XTk. Dieser ist im Prinzip ein Waldorf XT mit integrierter Tastatur.

Wichtig ist der Hinweise, dass es den Microwave 2 in ZWEI Versionen gab, ein Mal in der Ur-Version und ein Mal mit eingebautem XT-Board. Dadurch wurde zum einen die Ausgangslautstärke deutlich gesteigert und zum zweiten besitzt die Version mit dem XT-Board neben Chorus auch Delay-Effekte.

Eine weitere Möglichkeit, die Microwave II Serie aufzubohren, war ein Board zur Stimmenerweiterung, um 30 Stimmen erzeugen zu können. Diese ist heute aber kaum mehr separat erhältlich oder sehr kostspielig.

Der Waldorf Microwave 1 on YouTube

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Fazit

Der Waldorf Microwave 2 ist ein Synthesizer, wie man ihn sich eben nur vorstellen kann. Klangtüftler kommen hier voll auf ihre Kosten. Die klanggestalterischen Möglichkeiten, schon angefangen auf Oszillatorebene, mit den verschiedenen Filtertypen, bis hin zu den Effekten, sind wirklich enorm. Man benötigt schon etliche Zeit, um an die Grenzen des Machbaren zu gelangen, falls man sie überhaupt jemals erreichen wird. Natursounds sucht man glücklicherweise vergeblich und schnöde Standard-Drumsets gibt es auch nicht.

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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    exitLaub

    Der Microwave 2/XT ist für mich immer noch einer besten Digitalen. Hat mich noch nie interessiert ob der genau wie der 1er klingen kann, weil er einfach ein eigenständiger Synth ist.
    Überrascht mich auch heute immer wieder, was ich aus dem herausholen kann und tut gut, weil er sich so schön von Analogsynths abhebt.

    Ist ein kleines Charakterschweinchen.

  2. Profilbild
    Joey*~

    Es wäre vielleicht noch anzumerken, dass es für den MW2 eine Stereoping Controller Edition gibt (auf Anfrage). Besitzer eines Controllers mit einer anderen Firmware können jederzeit die MW2 Firmware aufspielen und loslegen. https://www.stereoping-shop.com/de/Synth-Controller.html (Die Controller wären übrigens echt mal einen Beitrag oder Testartikel hier wert, ich bin mit dem 8p Controller sehr zufrieden.)

  3. Profilbild
    Flowwater AHU

    Was für ein Hammer-Synthesizer! Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass bei mir bereits damals eine Pawlowsche Reaktion einsetzte, als ich die Synthese-Features des »Microwave 2« in der Keyboards las (verstärkter Speichelfluss, feuchte Hände, zittern, Tunnelblick, eingeschränktes Denkvermögen). Leider habe ich mir Mitte der 2000er nie einen Ruck gegeben und mir einen MW2 zugelegt, als der »Microwave XT« noch recht günstig zu haben war. Das war vermutlich ein Fehler (aktuell bei Kleinanzeigen so um die EUR 1.500).

    Aber jetzt gibt es ja den »M« und den »Iridium/Quantum«.

    Übrigens: »UPAW«, DAS war die ganze Zeit der Begriff, den ich gesucht habe. Ich wusste doch, dass man mit dem MW2 eigene Wellenformen erzeugen kann. Ob das heute noch relevant ist (und ob das heute noch von irgend einer aktuellen (!) Software unterstützt wird … das ist ’ne andere Frage).

    • Profilbild
      C. D. Rowell

      @Flowwater Das letzt was ich auf dem iPAD kennengelernt habe war der der PPG WAVEGENERATOR von Wolfgang Palm. Leider gibt es weder aktuelle Updates noch irgendwelche mir bekannte Neuerungen zur App aus dem Jahr 2012, glaube ich.

      Auch wenn es nicht ganz zum Thema passen sollte: der PPG Phonem ist auch ein sehr interessantes Tool von Wolfgang Palm.

    • Profilbild
      swissdoc RED

      @Flowwater Der MWII/XT kann ganz normale User Wavetables abspielen, normal im Sinne von: So wie im Microwave schon. Zusätzlich kann er UPAWs interpretieren. Die User Programmable Algorithmic Wavetables beschreiben gewissermassen die Berechnung der Wavetable mit z.B. FM.

      Hier habe ich 2008 mal ein Paar Details beschrieben:
      https://shorturl.at/hjrt3

      Im Test bei SOS finder man noch mehr Info:
      https://shorturl.at/dtM3Z

      SoundDiver konnte UPAWs editieren. Es gibt bei Waldorf einen Assembler dafür, gut im Archiv versteckt und wahrscheinlich müsste man den neu aus C übersetzen.

      • Profilbild
        Flowwater AHU

        @swissdoc OK, ich habe den »UPAW Assembler V 1.0« gefunden. Der ist zum Glück gar nicht sooo gut auf der Waldorf-Website versteckt:

        — Menü »Support«
        — runter scrolen und auf »go to hardware legacy area« klicken
        — auf »microwave series« klicken
        — runter scrolen und auf »tools« klicken
        — Tools.zip herunter laden

        In der ZIP-Datei gibt es einen Unterordner »pc_wavetable_editors« wo wieder eine Datei »upaw2.zip« enthalten ist. Und die enthält dann – unter anderem – einen C-Code namens »upaw2.c«, welcher wohl besagter Assembler ist. Da 1994 geschrieben (aber schon GNU-Lizenz, danke an Waldorf und den im Code genannten Stefan Stenzel) gilt der Code für MS-DOS, Atari ST und (tataa) Amiga. Es ist nicht sonderlich viel Code (wenn ich nichts übersehen habe), so dass man das eigentlich ganz gut nach 2024 herüber retten kann. 🙂

        • Profilbild
          swissdoc RED

          @Flowwater In den guten alten Zeiten war das im FTP Server einfach zu finden und nicht in verschachtelten Archiven verpackt. Wenn Du Spass hast, suche dort mal die VS Waves und das kleine Pascal Programm, das Bilder in Wavetables konvertiert.
          .
          Viel Spass mit 12DECODE!

  4. Profilbild
    D-Drummer

    Leider ist das Dial des MW2 eine Schwachstelle. Nicht nur bei meinem Gerät fing es nach einer Weile an, große Sprünge zu machen. Auch bei anderen Exemplaren habe ich das gesehen. Hat jemand Erfahrung mit einem Austausch oder einer anderen Art der Fehlerbehebung?

  5. Profilbild
    Sensimood

    MW1 und MW2 gehören zu meinen Lieblingen im Studio und ergänzen sich sehr gut. Beim arbeiten damit schwingt immer das Gefühl der 90er mit.
    Wer auf Wavetable steht kommt nicht daran vorbei. Oder greift halt zu den aktuellen Alternativen 3rd Wave oder M.

  6. Profilbild
    Kazimoto AHU

    So Artikel sind doch immer informativ, anscheinend muss ich mich mehr mit den Filtertypen auseinandersetzen, Waveshaper, FM und S/H sind genau mein Geschmack. Natürlich am Vavra/Xenia-Plugin.

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