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Vintage-Praxisreport: Revox A77 Stereo-Bandmaschine

1. September 2024

Vor ca. zwei Jahren habe ich wieder begonnen Musik zu machen. Mit einer Groovebox und etwas Modularkram. Aufnehmen wollte ich die Ergebnisse auch und dann vielleicht auch mal irgendwie veröffentlichen. Rechner und DAW waren vorhanden und es hätte losgehen können. Da ich jedoch den ganzen Tag am Rechner sitze und das in meiner Freizeit unbedingt vermeiden wollte, kamen andere Aufnahmemöglichkeiten ins Blickfeld. Am attraktivsten erschien mir das aufnehmen auf Band. Und so gab es erst ein Tapedeck und dazu noch eine Akai 4 Spur Maschine.

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Das Tapedeck hat keine Woche bei mir überlebt, ich bin zwar ein Kind der 90ger, aber der Sound war mir dann doch zu Lofi. Die Akai war da schon eine ganz andere Nummer. Der Sound war gut und das Aufnehmen war , sagen wir, ähm…okay. Nur hatte diese Maschine ein Problem. Akai verbaut Tonköpfe, die mit einer Glasschicht überzogen sind. Das ist gut für die Haltbarkeit des Tonkopfes, aber schlecht für den Signal-Rausch-Abstand. Bei sehr dynamischen Aufnahmen störte mich das deutliche Rauschen in ruhigen Passagen.

Quell der Freude und des schlechten Gewissens

Also musste was Anderes, Besseres her…Die REVOX A77 kam ins Haus.  Zu einem unverschämten Preis, aber in sehr gutem Zustand. Die ersten Aufnahmen waren eher so lala. Ich war einfach viel zu vorsichtig und habe immer versucht, die Nadel der VU Meter vom roten Bereich fernzuhalten. Das hat mal halt in der digitalen Welt so drin, 0db ist die Grenze. Erst als ich die Eingänge einigermaßen laut und damit ein wenig in der Sättigung angefahren habe, fing das Teil an Spaß zu machen…und was für einen Spaß. Deutlich hörbare Verzerrung setzt erst spät ein, unangenehme Verzerrung bekommt man nur mit brachiale Übersteuerung hin. Eine angenehme Sättigung gelingt recht schnell und ist auch keine Millimeterarbeit am Poti.

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Die Revox war bis heute bei 4 Tracks dabei. Wer rausfindet welche (sind auf meinem soundcloud) kann das ja mal schreiben. Also alles fein könnte man sagen. Ja! Aber, jetzt muss die Gute gereinigt und entmagnetisiert werden. Und dann ist da noch ein Analog Heat eingezogen (eigentlich für die Bühne) und seitdem siegen immer öfter Faulheit und Pragmatismus über die Qualitäten der A77…was bleibt ist mein schlechtes Gewissen.

Zum Feierabend und nach einem ganzen Tag am Rechner sollte die Revox optisch und haptisch andere Reize setzen. Da ich sowieso nie ein Fan vom Verschieben kleiner farbiger Klötzchen und Linien in einer DAW war, erschien es mir logisch, in einem Ritt nur die Stereosumme aufzunehmen. Dabei wurden dann die Revox und Waves parallel angesteuert. Funktionieren tut das ganze sehr gut und wenn das Band lang genug ist, dann muss da auch nicht alle Nase lang neues Band aufgefädelt werden. Das Einpegeln einer guten Lautstärke und Sättigung geht auch schnell von der Hand. Und die Mittschnitte klingen tatsächlich anders als die parallel mit dem SPL Mark One in die DAW aufgenommene Version. Das Nachbearbeiten der Bandaufnahme ist ebenfalls nicht weiter problematisch. Etwas EQ um problematische Frequenzen zu eliminieren, etwas Kompression und ein Limiter fertig. Doch halt, was man lauter macht, macht auch das His bzw. Rauschen lauter.

Wenn man es aber gut anstellt, klingt alles schön satt und warm. So komprimiert und laut, wie es heute leider üblich ist wird es aber nicht. Aus meiner Sicht ist das auch gut so. Ich kann aber nichts gegen das Argument einwenden, das Musik heute auf Spotify, Apple Music und all den anderen Plattformen funktionieren muss. Für mich funktioniert das sehr gut so, mein Anspruch ist Musik zu machen und den Prozess zu genießen. Wenn dann noch ein/zwei Menschen die Musik spannend, schön, verstörend oder irgendwie nicht völlig beliebig finden dann bin ich zufrieden. Wie oben bereits beschrieben, ist es zum Feierabend also wirklich nur die Faulheit, die den Einsatz der A77 manchmal verhindert…Aufnahmen mit der alten Revox-Dame bleiben daher selten und etwas besonderes-

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Fazit
Ich schwör, ich nehm das Teil mal zu einem Auftritt mit und mache den gesamten Mitschnitt mit der Revox A77.

Plus

  • Sound, Haptik, Geruch alles sehr fein!

Minus

  • Damit das Tel nicht immer mehr rauscht muss es gereinigt werden und entmagnetisiert. Das dauert gerne mal 15-13 Minuten und das kann dann schon zuviel sein.
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Forum
  1. Profilbild
    bluebell AHU

    Beim Wort Geruch hat sich sofort mein Geruchsgedächtnis gemeldet und mir den typischen Tonbandgeruch (ja, mit Unterschieden bei verschiedenen Bandsorten) als Flashback beschert.

  2. Profilbild
    Michael Knoch

    Ich war diesen Sommer in Villingen für ein paar Tage. Da traf es sich gut, kurz bei Revox anzurufen und einen Termin zu Überholung meiner B77 zu vereinbaren. Ich hab die Maschine auf die Theke gestellt und es kam der Meister und ein Techniker zu einem netten Gespräch. Es stellte sich dann heraus, das die Überholung 6.700€ plus 240€ für den Kostenvoranschlag kosten sollte. Wenn die Herren mir das am Telefon schon gesagt hätten, dann wäre der Maschine die Reise erspart geblieben. Die Yello B77 haben die Herren auch wohlwollend erwähnt und auch gesagt, das sie ruckzuck ausverkauft war. Glücklicherweise gibt es Alternativen. Jetzt ist mir auch klar, warum diese Traumaschinen im Netz keine hohen Preise erziehlen. Danke an malhlefiz für den Artikel.

    • Profilbild
      satchy

      @Michael Knoch @Michael Knoch
      Ist Deine B77 in so einem schlechten Zustand, dass eine Überholung Deiner B77 einen solch horrenden Preis kosten sollte?

      @mahlefiz
      Du Beamst Dich in eine Zeit zurück, wo die Musiker ihr Handwerk noch beherrschen mussten.
      Du kannst Dich „von schreiben“ dass Du Deine Aufnahme in „einem Ritt“ gemacht bekommst. 👍
      Wer kann das Heute noch?

      • Profilbild
        Atarikid AHU

        @satchy Naja, so neu ist serielles Mehrspur-Recorden nicht. Das haben ja sogar schon die Beatles gemacht. Andererseits wird im Bandkontext immer noch sehr viel „live“ im Studio aufgenommen und dann evtl. mit Overdubs aufgemotzt.

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          mahlefiz 1

          @Atarikid ach naja, ich meine es sollte halt möglichst viele Momente geben, wo ich aufnähme drücke und ab dafür…das geht mit der A77 nicht. Deswegen würde ich sie inzwischen wahrscheinlich gegen jeden vernünftigen digitalen Rekorder tauschen.

  3. Profilbild
    TobyB RED

    , eine Bandmaschine im Setup ist immer ein Thema. Ich hab ähnliche Erfahrungen mit einer Fostex-E16 + 4050 + MOTU MIDI Express XT gemacht. Ich hatte zwar zuvor einen Mixer gekauft der die Fostex steuern kann aber die Kosten für Bandmaterial und Betrieb sind nicht zu vernachlässigen. Ebenso die Eigenheiten, wenn man das im Verbund mit DAW und TASCAM DM 4800 betreiben möchte. Und wenn man dann alles fertig hat, pfeift ein Kanal ab. Wenn man dann noch jemanden findet der so eine Kiste repariert, wird es gleich nicht günstig. Allerdings besteht für meine Ohren immer noch ein Unterschied, wenn ich das Ergebnis höre. Tapesättigung in der DAW geht, aber es geht eben nur.

    • Profilbild
      mahlefiz 1

      @TobyB Ja, irgendwas ist immer lose, kaputt oder verdreht. Die Kosten für das Bandmaterial finde ich erträglich. Ich nehme ja nicht jede Woche damit auf.
      Es ist bei mir eher eine Frage der nötigen Handgriffe bis zum Start der Aufnahme. Da mein Alltag oft sehr voll ist, bleibt wenig Zeit für kreative Momente. Diese dann mit reinigen, Band einlegen und einpegeln zu verbringen ist halt oft ein Hindernis. Seit ich den Analog Heat habe, fällt mir das noch schwerer. Denn der mach gute Sättigung und kann sogar mit einem LFO etwas wobbeln….
      Ich denke dann immer, hach jetzt einfach beim digitalen Rekorder Taste drücken und ab dafür.

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