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Der Yamaha DX7 als Revolution in der Unternehmenslandschaft

26. Juli 2024

Viel wurde geschrieben – hier und anderswo – über Yamahas DX7. Seine Synthese (inklusive Nerdanteil), die Auswirkungen auf den Klang der 80er-Jahre, und natürlich viel Liebe und Haß. Heute solls um eine andere Sichtweise gehen – wie der DX7 die Landschaft der Synthesizerhersteller mit Verzögerung einscheidend veränderte. Ich möchte folgende These untermauern:

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Mit dem Yamaha DX7 startete ein vierjähriger Countdown. Wer von den etablierten Synth-Herstellern bis 1987 keinen massenmarkttauglichen volldigitalen Polysynth am Start hatte, war zu Übernahme oder Konkurs freigegeben.

Ein Blick auf die Technik des Yamaha DX7

Wie die Synthese des DX7 und seiner Geschwister hier funktioniert, soll heute nicht Gegenstand sein, oder eher nur aus der Sicht der oben gebrauchten Attribute “massenmarkttauglich” und “volldigital”.

Der DX7 war ja nicht der erste Digitalsynth. Da gab es vorher u.a. den PPG Wave, das Synclavier und das CMI. Synclavier und CMI waren für sehr gut betuchte Musiker (von denen es naturgemäß nicht so viele gab), große Studios und vielleicht zwangsabgabenfinanzierte Rundunkanstalten. Der Wave hatte mit einigen Produkten der frühen bis mittleren Achtziger eines gemeinsam: der Weg nach “digital” erfolgte nicht iin einem Schritt, sondern mit digitalen Nichtstandard-Wellenformen (hier Wavetables), die dann klassisch subtraktiv durch analoge Filter und VCAs liefen.

Filter und VCAs haben den Nachteil, daß ich nicht einfach nen leistungsfähigeren Prozessor oder so verwenden kann, um die Stimmenanzahl zu erhöhen. Auch wenn damals schon ASICs für die Filter im Gebrauch waren, so hieß das doch ein DAC pro Stimme, ein Filter, ein VCA – und damit im Hinblick auf “kostengünstig und effizient herzustellen” ein Worst of both Worlds.

In der Hinsicht lohnt es auch, einen Blick auf Yamahas Vorgänger aus dem eigenen Haus zu werfen: den GS-1. Ebenso ein 16-Poly wie der DX7, benötigte der doch ca. 25-mal soviele ICs für die Klangerzeugung, mit im Gegenzug deutlich unpraktischerem Patch-Handling. Also: nicht massenmarkttauglich.

Bezüglich “volldigital” waren lange Zeit die beliebten Filter ein Problem, und das sicherlich auch, weil Leute eben ihren Gold Standard – die Moogs und Oberheims und SCIs aus den 70ern – hatten, um erstmal den Filterklang zu vergleichen. Filter waren ein Problem, aus Mangel an DSPs (oder allgemein hoher Rechenleistung), aus Mangel an bekannten effizienten Implementierungen, und eben deshalb, daß Leute aus Erfahrung Filter auch gerne im nichtlinearen Bereich betrieben, was ein Problem war. Ein Problem, das Yamaha elegant umschifft hatte – weil: ein DX7 hat (wie alle Synths aus den ersten beiden FM-Generationen) keine Filter.

Die Zeit vor dem Yamaha DX7

Die 70er, und auch die Zeit bis 1983, war geprägt von US-Herstellern, gefolgt von den japanischen großen Drei (neben Yamaha noch Roland und Korg), und Synthesizer (zumindest auf dem Massenmarkt) waren analog und subtraktiv.

Das letzte große Produkt dabei war wohl SCIs Prophet 5 (1978): mit mehr als einer Stimme (5), mehr als drei Oktaven Keyboard (5), Speicher für Patches und das alles in einer transportierbaren Form hatten wir den Bauplan für die Synths, die danach kamen – und auch der DX7 übernahm diesen Ansatz.

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Korg und Roland übernahmen den Ansatz mit Produkten, die ab ca. 1981 kamen – bei Korg die mit “Poly” im Namen, bei Roland Jupiter und Juno. Und freilich bastelte Roland nebenher and x0x-Geräten (die damals eher erfolglos waren, aber später dem DX7 in der Kultfaktorwertung den Rang ablaufen sollten). Und nebenher bastelten sie natürlich an MIDI…

…etwas, was sie mit Dave Smith von Sequential Circuits gemeinsam hatten (aber zum Geldverdienen hatte der ja die Prophets). Ein ähnliches Bild zeigte sich bei Oberheim, die mit allen möglichen Polys mit “OB” im Namen (und heute großem Kultfaktor) die Welt mit schnelleren Pferden fütterten.

Last but not least Moog – baute irgendwie lauter kleine analoge Monosynths, und teure Polys auch ein bisserl, und natürlich weiterhin große, teure und (aus Sicht der 80er-Generation zumindest) unpraktische Modularsysteme.

Es gab natürlich auch ein paar new kids on the block. Die Rede ist mal nicht von den vorhin erwähnten NED und Fairlight, die spielten ansich nen anderen Sport. PPG hatten mit dem Wave ab 1981 schon einen kultigen ein bisserl digitalen Synthesizer im Programm. Und E-mu hatte zur gleichen Zeit den ersten Sampler, der sündteuer aber immer noch billiger als ein Synclavier oder CMI war (und: tragbar!).

ARP hingegen war damals schon von der Bildfläche verschwunden, gehörte CBS Music Systems und ihre letztes Produkt (Chroma) hieß (aus Marketinggründen?) Rhodes. Und Ensoniq gabs noch garnicht, ebensowenig wie Kurzweil oder Akais “Professional”-Sparte. Was es schon gab, war Kawais Synthesizer-Produktlinie (damals unter dem Markennamen Teisco) – und Kawai sollte als Synth-Hersteller im Gegensatz zu meiner These überleben; ich schiebs auf “nicht etabliert”…

Der Original Yamaha DX7 von 1983 (Photo by RLmusic)

Die FM-Lizenz

Interessanterweise war Yamaha nicht das einzige Unternehmen, das sich für eine Lizensierung des Chowning/Stanford-Patents interessierte. Indes als Roland dort an die Tür klopfte, war die Tinte unter dem Vertrag mit Yamaha schon ca. ein halbes Jahr trocken – das war 1975. Yamaha hatte damals wohl schon einen Prototypen, für die marktreife Implementierung des GS-1 dauerte es aber weitere fünf Jahre, für die des DX7 ganze acht – und das zeigt auch, wie groß die Herausforderung dann 1983 war, auf den DX7 rechtzeitig zu reagieren.

Die Zeit nach dem Yamaha DX7

Oberheims Antwort auf den Yamaha DX7 waren – analoge Polys der Matrix-Familie (Xpander, Matrix-12 und Matrix-6), und das Geld reichte bis 1985, als Oberheim von Gibson gekauft wurde und sich unter dem Namen mit dem Matrix-1000 (logischerweise ebenfalls ein analoger Poly) erstmal verabschiedete.

Bei Moog gab es wohl Bemühungen oder Ideen, was Digitales zu machen, aber auch nach der großen Investition in den Memorymoog eher zu spät und mit zu wenig übrigem Geld, so daß auch für Moog Schluß war, und zwar 1987 (genau dem Ende unseres Countdowns).

SCI war von den verbliebenen US-Herstellern der einzige, bei dem es zu was Verwertbarem reichte – indes fand man auch dort keine Idee für “volldigital”. Und auch wenn insbesondere der Prophet VS von 1986 (vielleicht gerade wegen analoger Filter) insbesondere rückblickend als innovativ angesehen wird, war auch bei SCI bald Schluß und die kläglichen Reste wurden verkauft, natürlich 1987, zum Glück nicht an Gibson sondern an…siehe weiter unten.

Für Roland kam der Siegeszug des DX7 wohl nicht als komplette Überraschung, und jetzt hatte man Gewissheit, daß “digital” die Zukunft ist. Die Jupiters und Junos liefen ja nebenher recht gut (im Gegensatz zu den x0x-ern), und so konnte man 1987 mit dem D-50 gerade rechtzeitig den zweiten großen Digitalsynth vorstellen. Der mit (wenn auch nur sehr kurzen) ROM-Samples schon ein wenig die Richtung für fast alle großen Digitalsynths bis zur Virtual-Analog-Ära vorgab (und eine Architektur hatte, die ansich heute noch im “Zencore” besteht).

Bei Yamaha hingegen beschränkte man sich aus einer komfortablen Position auf Verwalten und Investieren (und man kann sagen verlernte damals irgendwie den Innovationsgedanken). Ersteres mit ewig vielen DX7-Derivaten, die mal im Rack und mit ganzvielen Stimmen, mal als Consumer-Version, letzteres mit Aufkauf von Mitbewerbern. Der erste war 1987 SCI, und der zweite war im gleichen Jahr…

Korg, denen nach einer Folge von Digitaloszillatoren in ansonsten altmodischen analogen Polys vor ihrem Next Big Thing das Geld ausgegangen war. Egal, Yamaha hatte dann eine Mehrheitsbeteiligung, Korg hatte wieder Geld, und konnte ein Jahr später mit dem M1 den dritten großen 80er-Digitalsynth veröffentlichen und damit die “Workstation” etablieren. Dabei gabs genauso wie beim D-50 endlich wieder Filter, aber diesmal digitale. Nebenher hatte man via Yamaha Zugriff auf ein kompetentes Team (von SCI), womit man schonmal mit der Wavestation anfangen konnte.

PPG teilte mit Moog möglicherweise das Schicksal des genialen Erfinders ohne Geschäftssinn. Indes während bei Moog das Problem eher “zu altmodisch” war, war es bei Wolfgang Palm definitiv “zu visionär”. Trotz des Wave im Rücken (der eben für den richtigen Massenmarkt zu teuer war und unsere Defintion “volldigital” nicht erfüllte) war der Realizer – im Prinzip sowas wie ne DAW – seiner Zeit zu weit voraus, zu teuer, wäre nie massenmarkttauglich gewesen, und damit war es ebenso 1987 für PPG vorbei.

E-mu war die ganze Zeit nicht volldigital und wegen “zu teuer” nicht massenmarkttauglich. Der Erfolg des SP-1200 sowie der Proteus-Linie ab 1990 (die war dann digital und massenmarkttauglich) verzögerte den Niedergang bis 1992 mit der Übernahme durch Creative Labs (bekannt vom Soundblaster, die auch zeitweise Yamaha-FM-Chips verwendet hatten).

Kawai überstand erstaunlicherweise die Tatsache, daß ihr erster Volldigitaler (der K-1) erst 1988 kam, der heute wieder eine kleine Fangemeinde hat. Interessante weitere Digitalsynths waren insbesondere die zwei Additiven (K-5 und K-5000), aber danach (in der zweiten Hälfte der 90er) beschränkte man sich wieder aufs Klavier-Kerngeschäft (das vielleicht auch das Überleben bis dahin gesichert hatte). Witzigerweise bauten sie auch Flügel für Steinway (Boston), die zwischenzeitlich ebenso wie ARP und Fender zu CBS gehört hatten…

Ensoniq hatte das massenmarkttaugliche volldigitale Ding (den VFX) erst 1989, und damit auch dummerweise nach dem M1, weil ansich hatte der VFX alle volldigitalen Workstation-Gene mit an Bord. Aus Gründen, die wahrscheinlich weniger mit dem Verpassen der von mir retrospektiv gesetzten Deadline sondern eher mit Qualitätsproblemen zu tun hatten, wurden auch sie 1998 von Creative Labs gefressen.

Kurzweil hatte ab 1984 von Anfang an schon was Schönes Digitales, allerdings nicht massenmarkttauglich: den K250-Sampler. Die K1000-Sample-Player waren ab 1988 schon durchaus ihrer Zeit voraus, aber (nach meiner Logik) zu spät und so wurde Kurzweil 1990 von Young Chang gefressen – witzigerweise bevor mit dem K2xxx eine langfristig erfolgreiche Produktlinie an Sampling-Workstations herauskam, die nebenher wenn man wußte wie auch FM im Yamaha-Stil perfekt konnte.

Akai schließlich hatte nach nen paar irrelevanten Analog-Polys nur Sampling im Kopf, und das auch erfolgreich zumindest solang, wie man Racksampler gut verkaufen konnte. Damit wurden sie kein Opfer des DX7, sondern viel später der DAW-Revolution und wurden 2005 von inMusic gefressen.

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Fazit
In der Wissenschafts- und Technologiegeschichte gibt es den Gedanken, daß manchmal für etwas “die Zeit reif” ist. Was hier heißen würde, daß wenn Yamaha 1983 nicht den DX7 veröffentlich hätte, hätte vielleicht jemand anderes 1984 oder 1985 was anderes Wichtiges veröffentlicht.
Die “was wäre wenn”-Frage kann dennoch in mancherlei Hinsicht interessant sein: angenommen nicht Yamaha sondern Roland hätten das Chowning-Patent lizensiert: was wäre dann Anfang der 80er von Yamaha gekommen? Wie hätte FM von Roland (und damit die Popmusik der 80er) geklungen? Wie hätte die Popmusik der 90er geklungen, wenn Roland so mit FM beschäftigt gewesen wäre, daß es keine 303, keine 808 und keine 909 gegeben hätte? Wäre ohne SCIs Konkurs die Wavestation (und viele andere tolle Sachen) von Dave Smith in Eigenregie gebaut worden?

Daß meine These vom Anfang - mit Ausnahme von Kawai - bestätigt wurde, ist indes wenig überraschend. Das wußte ich (und Ihr wahrscheinlich auch) schon bevors losging...
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Forum
  1. Profilbild
    Flowwater AHU

    Sehr schöne Übersicht der Abfolge, wann was heraus kam und wie erfolgreich es wurde. 👍 Der Gedanke, dass Yamaha damals schon gelernt hat, eher zu investieren und deshalb VERlernt hat zu innovieren, hat was.

    Persönlich Anmerkungen meinerseits:

    Korg M1
    Ich glaube, dass Korg damals echt richtig Schwein hatte. Die Synthese-Features der M1 sind eher mau; vor allem das digitale Filter ohne Resonanz ist ziemlich charakterlos. Dafür hat sie aber (bis heute) hammermäßige Samples und Presets an Bord, die vermutlich den Erfolg der Workstation ausmachen. Das hätte auch echt schief gehen können.

    Ich meine übrigens, dass auch der D-50 von Roland volldigital ausgebildet ist.

    E-mu Morpheus und UltraProteus
    In beiden sind ja die sog. »Z-Plane Digitalfilter« verbaut, die einiges drauf haben. Ich habe nie verstanden, warum E-mu das nicht weiter ausgeschlachtet hat. In den späteren Produkten waren die wohl immer mit verbaut – auch in den E-mu Samplern – aber nicht mehr mit der Flexibilität wie in den genannten Produkten. Hat die Firma das selber nicht kapiert, was sie da hatten?

    • Profilbild
      moinho AHU

      @Flowwater @Flowwater danke für den Hinweis zum D-50.
      Mit dem irreführenden Kommentar „diesmal digitale“ beim M1 war gemeint „diesmal im Gegensatz zu den vorangegangenen Korg-Hybriden“, nicht im Gegensatz zum D-50.
      Dessen TVFs waren digital.

  2. Profilbild
    MadMac

    In der historischen Betrachtung sind viele Hersteller zur und nach der Zeit des Erscheinens des DX7 verschwunden. Diese Gleichzeitigkeit muss aber nicht zwangsläufig einen kausalen Zusammenhang haben. Der DX7 war vielleicht ein Symptom, aber nicht unbedingt immer die Ursache. Das wäre zufiel der Ehre.

    Der DX7 war damals auch Teil meines Setups und einfach eine weitere Klangfarbe zu den schon vorhandenen analogen Synths. Erst danach kam ein Matrix 12 und ein Prophet VS dazu. Warum? Weil der DX7 viele Sounds einfach nicht liefern konnte. Er war damals in meinen Augen eine interessante Neuerscheinung und nicht mehr.

    • Profilbild
      Flowwater AHU

      @MadMac
      > […] Diese Gleichzeitigkeit muss aber nicht zwangsläufig einen kausalen Zusammenhang haben. […]

      Ich habe mir darüber nie Gedanken gemacht … bis ich das hier von @moinho gelesen habe. Ich finde das schlüssig. Mit meinen Worten:

      1. Yamaha ist mit dem DX-7 sehr erfolgreich
      Das bemerken auch andere Hersteller. Die sehen: »Oha! Digital? Das ist die Zukunft!« Vor allem mit der – wie von Dir richtig bemerkt – damals völlig neuen Klangpalette. Und schon wird in diesem Bereich investiert. Nur eben mit den Mitteln, die den jeweiligen Herstellern zur Verfügung stehen. Und manche dann eben zu spät.

      2. Digital ist in der Fertigung billiger
      Ich habe auf die Schnelle kein Bild der Platine von einem DX-7 gefunden. Dafür aber von einem D-50. Und das ist vergleichsweise doch SEHR übersichtlich. Und damit werden die Fertigungskosten gegenüber analogen und hybriden Geräten doch sehr gefallen sein (sieht man mal von den Kosten für die Custom-Chips beim DX-7 und beim D-50 ab). Selbst wenn die Kosten nicht gleich an den Kunden weiter gegeben werden, der Gewinn wird steigen und das kann wieder in die Entwicklung gesteckt werden. SY-77/85/99 und EX-5/7 waren ja nun auch recht erfolgreich.

      Beide Faktoren zusammen sind ein mächtiger Wirtschaftsfaktor, an dem man als Synthesizer-Hersteller nicht vorbei kam. Alles in allem finde ich das schlüssig.

      • Profilbild
        MadMac

        @Flowwater Betriebswirtschaftlich betrachtet, natürlich volle Zustimmung. Die Japaner haben mit ihren Produktionsmethoden damals nicht nur den Markt für Musikinstrumente aufgerollt. Ich denke da besonders an die HiFi und auch die Automobilindustrie. Aus diesem Grund würde ich es nicht an einem einzigen Instrument festmachen.

        Der DX7 hatte ein sehr reduziertes Userinterface und konnte schon an dieser Stelle deutlich Kosten sparen. Ein kleines Display und einen Schieberegler. Wir nannten das damals „Einarmiger Bandit“. Das war dann die Blaupause für eine ganze Generation von Synthies. Ich habe Stunden damit verbracht, am DX7 auch nur ein vernüftiges Patch zu programmieren.

        Nebenbei bemerkt, ich nutze den DX7 immer noch sehr gerne als Masterkeyboard für diverse Expander, weil es meine absolute Lieblingstastatur war und ist. 😀

  3. Profilbild
    Filterpad AHU

    Ich habe nichts gegen Digital. Nehme selbst überwiegend Softwaresynthesizer. Einer sagte mir mal: Warst du in den 80ern auf einer Bühne und hast einen DX7 ausgepackt, war jedem klar: Der hat Ahnung von Keyboards! Persönlich halte ich es heute für „Schwachsinn“, einen großen Fuhrpark an digitalen Synthesizern oder Workstations im Studio zu besitzen aufgrund der inzwischen durchweg brauchbaren Software. Aber es gibt auch aktuell digitale Leckerbissen im Hardwarebereich: Der Groove Synthesis 3rd Wave wäre so einer. Kostet allerdings auch! Dein Bericht ist eine gute Zusammenstellung der digitalen Synthesizer aus den 80ern und 90ern mit ihrer jeweiligen Geschichte. Toll!

    • Profilbild
      paolostylo

      @Filterpad Das Zitat „Warst du in den 80ern auf einer Bühne und hast einen DX7 ausgepackt, war jedem klar:
      Der hat Ahnung von Keyboards!“ unterschreibe ich sofort! Das dachten wirklich sehr viele.
      Obwohl die allermeisten nur die Presets nutzten…
      Es gab im Übrigen tatsächlich diverse Synths und andere Geräte,
      die Dich in der „Gesellschaft“ pauschal in den „oberen Club“ hievten…
      Völliger Quatsch natürlich, wenn Du sie hast, aber damit nicht umgehen kannst oder nur schiefes Zeug zutage förderst.
      Kleine Anekdote: hatte damals ein kleines Studio und als ein paar meiner Jungs damals meinen Akai S900 (Ja, „nur“ ein S900) bemerkten, gingen die Kinnladen runter, nur weil ein grauer Kasten mit Akai-Aufschrift im Rack verbaut war. Plötzlich war ich wer… 😅
      Mein „Erfolg“ hielt/hält sich dennoch in Grenzen… 🙄

      PS: Danke an moinho für den tollen und sehr informativen Artikel!

  4. Profilbild
    hejasa AHU

    Danke für den sehr lesenswerten Artikel. Die Story erinnert mich an meine Lektüre der Träume von ersten Riebes Fachblatt bis zur letzten Keyboards. Einige der angesprochenen Synthesizer hatte ich spielen dürfen, andere waren preislich unerschwinglich.
    Parallel zum Erscheinen des DX/ gab es aber eine weitere Entwicklung, wobei der DX oft als Paar mit dem Roland Jupiter 8 beworben wurde als klangliches Dreamteam.
    Es ging um Gewichtsersparnis und damit vereinfachten Transport, was den schwergewichtigen Boliden die Daseinsberechtigung und Interesse zumindest auf Livebühnen auch entzogen haben dürfte. Schließlich konnte der DX Rhodes, nur anders . Wozu also 55 KG durch die Gegend schleppen? Von Korg erschien z.B. die CX 3 als Hammond Ersatz, von Dynacord das CLS 222 als Rotorersatz digital dazu, wenn man keinen Ersatz durch einen Phaser oder Flanger bevorzugte.
    Was Kawai betrifft, deren Syntheseverfahren leben für mich in den MP Pianos weiter. es wundert mich nicht, warum im Gegensatz zur Konkurrenz seit 2017 kein neues Modell auf dem Markt erscheint und auch nicht angekündigt ist. Ich gebe mein MP 11 von 2015 jedenfalls nicht mehr her.

  5. Profilbild
    Tai AHU

    Schoner Artikel, moinho. Ein Thema, über das ich auch schon mehrfach sinniert habe. Ich habe die Zeit der größten Wandel so von 78-92 voll miterlebt und muss schon sagen, dass die Vorstellung des DX7 durch Dave Bristow damals auf der Frankfurter Messe mich für Wochen geplättet hat. So einen starken Impact gab es davor und danach mMn nie mehr. Es dauerte eine gewisse Zeit, bis langsam die Erkenntnis durchkam, dass ein DX 7 doch nicht alles kann. Die Kombination Analog/Digital kam aber für mich erst mit der Kombi S1000/Microwave. Da wurde von den damaligen Käufern der analoge Teil genauso hoch geschätzt wie der digitale. Davor, das waren alles Notnägel. Instrumente wie der JX8P wurde nicht aus voller Überzeugung gekauft, eher, weil das Geld gerade noch dazu reichte. Ich war damals im Verkauf und habe da sehr viele Meinungen dazu gehört.

  6. Profilbild
    markvoice

    Danke für den interessanten Artikel. Da werden Erinnerungen wach. Damals stand ich bei einer Rockband mit 6 Keyboards auf der Bühne. Dabei war kein DX7. Irgendwie hatte auch ich schnell das Gefühl, dass er nicht alles kann. Dazu kam, dass ich immer dieselben Klänge vernahm. Es war eben unendlich schwer, was Neues zu schaffen. Ein DX7 Keyboarder sagte mir, er hätte 2 Wochen herumexperimentiert, um dann bei der Bandprobe für seine 2 „neuen“ Sounds von den Kollegen nur ein müdes Lächeln zu ernten. Einmal hörte ich eine Band mit einem instrumentalen Klassik-Medley. Sie benutzten den Strings-Sound des DX7. Mit einem externen Chorus und über die gewaltige PA klang es sehr gut. Trotzdem wollte ich ihn nicht haben. Für mich klang er kalt und dünn. Den D-50 fand ich dann später interessanter. Für viele war ja auch die Kombination DX7 – D-50 perfekt. Man darf nicht vergessen, es waren DDR-Zeiten. Heute habe ich einen Opsix und bin von der Bedienung und den Möglichkeiten begeistert.

  7. Profilbild
    Phoenix

    Die eigentliche Revolution in dieser Zeit war die Digitalisierung – in allen Bereichen – und eben auch in der Musikindustrie!

    Ich bin in dieser Zeit aufgewachsen und es ging um wie ein Lauffeuer: Digital!
    Die Vorstellung etwas „verlustfrei“ zu produzieren, kopieren, aufzunehmen war phantastisch. Wir erinnern uns noch an die ausgeleierten Musikkassetten, knisternde oder verkratzte Schallplatten, dumpfe Aufnahmen die jenseits 10 khz nichts übrig ließen…und und und.
    Das alles war mittels Zauberwort „digital“ Geschichte!
    Zur gleichen Zeit wie der DX7 kam der CD-Player und verdrängte damals die Schallplatten. Glasklare Klänge mussten es sein, alles was nur ein bisschen rauscht war plötzlich murks, schlecht, altmodisch, unprofessionell!
    Der DX7 aalte sich mit seinen digitalen klaren Klängen genau in diesen Begehrlichkeiten und wurde deshalb zum Erfolg. Er MUSSTE zu dieser Zeit kommen, denn es war der Umbruch vom analogen zum digitalen Zeitalter.

    • Profilbild
      camarillo

      @Phoenix „alles was nur ein bisschen rauscht war plötzlich murks, schlecht, altmodisch, unprofessionell!“
      In der Hinsicht war der DX7 ein großer Schritt nach vorne: Der rauscht nicht nur ein bisschen, sondern sehr kräftig ;-)

  8. Profilbild
    rauschwerk

    Obgleich technisch anders, bot der (am Fließband hergestellte und daher ggü. PPG viel günstigere) DX7 mit seiner 6-OP FM Synthese klanglich defacto das an, was man von dem PPG Wave (klanglich) gewohnt war – und das für einen viel attraktiveren Kurs. Zudem war der DX7 ggü. einem PPG Wave 2.2/3 technisch nicht so anfällig. Abgleich die FM-Synthese inkl. der Algorithmen und der damit einhergehende Carrier/Modulator-Kombination (aus Sinus-Schwingungen) kaum einer wirklich verstanden hat, stellte sich die Mehrheit mit dem zufrieden, was der DX7 intern als „Factory-Sound-Content“ in sich trug. Warum dann einen PPG 2.3 für viel Geld kaufen (der auch hin&wieder so seine Aussetzer hatte), wenn man klanglich (gemeint sich die typischen eher kalten/metallisch/glockenartigen Klänge) was vergleichbares zum Bruchteil dessen erwerben kann.
    Der DX7 bildete buchstäblich den Todesstoß für die PPGs.

    • Profilbild
      Flowwater AHU

      @rauschwerk Obgleich ich die Idee charmant finde – der »DX7« liefert ähnliches wie der PPG »Wave 2.x« – wage ich doch dagegen zu halten. 😁

      Meine eigenen Ohren signalisieren mir substantiell andere Timbres als die, welche die FM-Synthese vom DX7 erklingen lassen. Ich glaube, jeder ist damals auf das FM-E-Piano abgefahren (»Die Tänzerin« von Ulla Meinecke, 1983), auf die glockigen und harfenähnlichen Klänge etc. Dass man mit dem auch prima Pads und Bass-Sounds basteln kann, offenbarte sich erst später. Der PPG war doch eher für seine »hauchigen« Sounds bekannt, die der DX7 so eher nicht erzeugen kann (oder nur mit erheblicher Einarbeitung in die FM-Synthese, was bei Erscheinen des DX7 nicht der Fall war).

      Ich glaube wirklich, dass der vergleichsweise günstige Preis – vor allem für Profis – in Verbindung mit den revolutionären Klängen den Siegeszug und die Verdrängung der Konkurrenz eingeläutet hat.

      In dem Zusammenhang finde ich auch spannend, dass Elektronik-Pioniere wie Kraftwerk, Tangerine Dream und Klaus Schulze sich nicht oder kaum für die Yamaha-Synthesizer interessiert haben. (Das entspringt allerdings meiner eigenen Wahrnehmung, da lehne ich mich deswegen aus dem Fenster und bitte gegebenenfalls um Korrektur aus berufenem Munde)

      • Profilbild
        rauschwerk

        @Flowwater Ich persönlich halte die Klangwelten eines PPG ebenfalls für andere vergleichbar mit dem DX7. Da ich in Kontakt mit Wolfgang Palm stehe und auch in der Vergangenheit viele Klänge für PPG-Synthesizer programmiert habe, zudem sowohl den ur_DX7 als auch den DX7mk2 in Nutzung/Studio/Einsatz hatte (den ur/ersten DX7 nutze ich immer noch), kenne ich die klanglichen Möglichkeiten beider Strukturen.

        Was ich jedoch meinte, war die Ähnlichkeit diverse glockenartigen und oft auch metallisch klingenden Presets, welche viele damals dazu bewogen hat sich für den günstigeren DX7 zu entscheiden ohne wirklich zu verstehen, wie FM funktioniert und was das überhaupt (im Vergleich zu einem PPG) ist. Zudem arbeitet der DX7 vollständig digital, was (vielleicht unbewusst) damals zusätzlich positiv/er be-/gewertet wurde, denn analog galt als alt, unverlässlich (gerade im heißen Licht auf den Bühne) und teils langweilig. Digital war angesagt und viele haben die Werkpresets des DX7 im ersten Anlauf mit den PPG-Klängen verbunden.

        Ja, der günstigere Preis machte das Rennen.
        Ich staune übrigens heute immer noch über das Gewicht des ersten DX7 sowie über die umfangreiche Technik, welche man im Gehäuse findet. Heute kann man mehrere DX7 mit einem Raspberry Pi realisieren (wohl sogar mit dem Zero).

        • Profilbild
          Tai AHU

          @rauschwerk „Ich persönlich halte die Klangwelten eines PPG ebenfalls für andere vergleichbar mit dem DX7.“

          Ich glaube, in einem Interview mit Depeche Mode sagten die, dass sie den PPG lieben, aber aus Sicherheitsgründen bei der Tour an Stelle dessen lieber auf DX 7 zurückgreifen.

        • Profilbild
          Flowwater AHU

          @rauschwerk OK, aus dieser Sicht die Klangwelten der beiden Synthesizer verglichen … da bin ich dann auch wieder bei Dir. Auch das Sicherheits-Argument DX7 gegenüber einem PPG »Wave 2.x« sehe ich ebenfalls. Den DX7 hätte man auf einer Tour vermutlich relativ einfach ersetzt bekommen (vom eher verschmerzbaren monetären Verlust ganz abgesehen).

      • Profilbild
        Tai AHU

        @Flowwater „In dem Zusammenhang finde ich auch spannend, dass Elektronik-Pioniere wie Kraftwerk, Tangerine Dream und Klaus Schulze sich nicht oder kaum für die Yamaha-Synthesizer interessiert haben.“

        Würde passen. Im Gegensatz zu älteren Kisten konnte einen DX 7 ja jeder kaufen.

      • Profilbild
        MadMac

        @Flowwater Ich habe den DX7 für mich nie als einen Ersatz für einen PPG gesehen. Und ich habe damals gleich mit dem Erstellen eigener Sounds angefangen. Ich wollte halt sehen, wo mich dieses neue Konzept klangtechnisch hinbringt. Es gab halt den einen oder anderen PPG Klang, den ich mit dem DX7 einfach nicht hinbekam. Versucht habe ich es jedenfalls. Dann kam Gottseidank der Prophet VS auf den Markt. Den DX7 habe ich dann für das benutzt was er in meinen Augen am Besten konnte; EPianos und perkussive Klänge zum stacken mit Analogsynthies.

  9. Profilbild
    YesYazz

    Schön geschriebenes Review. Ich hatte den DX7 vorbestellt und das 2. Exemplar in Europa erhalten. Es hat mein schönes leider sehr schweres Yamaha YC45D abgelöst.

    Als alleiniges Livekeyboard in einer Rockband mit selbst geschriebenen Songs konnte der DX7 als Synthie überzeugen. Die Spielhilfen waren mit der guten Tastatur zusammen sehr vielseitig einsetzbar.

    Abgelöst wurde er bei mir durch den Korg M1, mit dem ich allerdings etwas fremdelte . Nach vielen Versuchen mit etlichen analogen und digitalen Konkurrenten bin ich dann wieder mit dem voll ausgebauten SY99 glücklich geworden.

    Yamaha stand und steht für mich auch für Qualität. Nie hatte ich Probleme mit den Instrumenten. Behandelt wurden sie nicht mit Samthandschuhen in den 80er und 90er Jahren.

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