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Guitar Vintage: Gibson Les Paul Baujahr 69 E-Gitarre

Bis dass der Tod euch scheidet!

18. Januar 2018

Es gibt viele Geschichten über Vintage-Gitarren. Erwartungsgemäß haben die Instrumente, die teilweise ein halbes Jahrhundert oder mehr auf dem Buckel haben, zum Teil skurrile, zum Teil aberwitzige Situationen erlebt, was sie einzigartig macht. Instrumente, die gestohlen wurden und nach Jahrzehnten ihren rechtmäßigen Besitzer wiederfanden oder wie bei Walter Trout, der sturzbesoffen seine Strat aus den Sechzigern nach einer Show in einer Seitenstraße neben dem Club stehen lässt und sie dort am nächsten Tag unversehrt wiederfindet. Die folgende Geschichte jedoch stellt alles, was Sensation und Tragik angeht, in den Schatten. Lasst euch überraschen, wie sehr der größte musikalische Erfolg und das größte persönliche Schicksal mit einer einzigen Gitarre verbunden sind!

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Gibson Les Paul Custom 1969 - Aufsicht

— Gibson Les Paul Custom 1969 – Aufsicht —

Nie werde ich den Gesichtsausdruck des britischen Majors, seines Zeichens Vater meiner damaligen Freundin, vergessen, als ich ihm von einer deutschen Band namens Birth Control erzählte. Sind wir ehrlich, würde heute jemand seine Band „Geburtenkontrolle“ nennen, wäre derjenige wahrscheinlich reif für die Klapse oder es würde sich um Kunst im ureigensten Sinne handeln. Nun ja, die Siebziger hatten in Deutschland musikalisch gesehen schon ihren ganz besonderen Reiz. Die vom Ausland als „Krautrock“ definierte Menagerie aus Rock, Jazz und Fusion mit teilweise massiven psychedelischen Einflüssen, kombiniert mit zuweilen recht holprigen englischen Texten, hatte trotz einigem Schmunzeln der Hörer eine sehr starke Eigenständigkeit. Allerdings blieb den meisten Bands trotz des vergleichsweise hohen lokalen Bekanntheitsgrades und nicht zuletzt auch aufgrund des zuweilen starken „Denglischs“ der internationale Durchbruch verwehrt.

Bis auf die Berliner Geburtenkontrolle, die mit ihrem Über-Hit Gamma Ray, dem ersten Ökosong größerer Machart, selbst im damals unerreichbaren nordamerikanischen Kontinent punkten konnten. Gerade live platzte die Band fast vor Energie und hatte mit dem singenden Schlagzeuger Bernd „Nossi“ Noske die seltene Kombination von technisch hervorragenden, Buddy Rich geprägtem Drumming und einer kraftvollen Gesangsstimme.

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Die Gitarre – Gibson Les Paul Baujahr 1969

Der größte musikalische Erfolg der Band wurde in Sachen Gitarrenarbeit von Gitarrist Bruno Frenzel mit einer Gibson Les Paul aus den späten Sechzigern eingespielt. Die Seriennummer des Instrumentes weist auf das Baujahr 1969 hin, während der „Headstock-Neck-Knubbel“ zur Stabilisierung der Hals-Kopfplatten-Verbindung auf 1970 tippen lässt. So ganz wird sich die Frage nach dem Baujahr nicht mehr beantworten lassen. Frenzel war in Sachen Gitarrenauswahl sehr reduziert unterwegs. Er wurde in seiner aktiven Zeit zwar auch mit anderen Instrumenten gesehen, aber Neil Young gleich wird seine Person immer mit dieser einen Gitarre verbunden sein, die er wohl parallel zu seinem Einstieg bei Birth Control im Jahr 1969 neu erworben hatte.

Gibson Les Paul Custom 1969 - Korpus

— Gibson Les Paul Custom 1969 – Korpus —

Das Schnäppchen (!)

Wir schreiben das Jahr 1983. Klein Axel schlendert durch die Kölner Innenstadt und bleibt vor dem Schaufenster des Musikhauses Toni Bucklitsch stehen. Auf einer Empore im Scheinwerferlicht wird dort im abgewetzten Originalkoffer Brunos Original Les Paul zum Verkauf angeboten. Der Preis soll stolze 3500,- DM, umgerechnet also ca. 1.750,- Euro betragen. Für heute Verhältnisse ein geradezu lächerlicher Preis für eine 69er Paula, aber für damalige Verhältnisse nur etwas für Sammler. Gitarre gesehen, für toll befunden, aber nicht gekauft.

Gibson Les Paul Custom 1969 - Kopfplatte

— Gibson Les Paul Custom 1969 – Kopfplatte —

Wir drehen die Uhr ca. sechs Jahre nach vorne. Wir haben den Zenit des Hairmetal erreicht, jeder Gitarrist spielt Powerstrats à la Schecter, Charvel, Kramer oder Jackson mit Floyd-Rose-Vibratosystemen und die mit Abstand uncoolste Gitarre der Welt ist eine Gibson Les Paul Custom. Schwarz, schwer (bis zu 5 kg!), ohne Vibrato und mit Hälsen der „Baseballschlägerklasse“ ausgerüstet. Niemand, wirklich NIEMAND wollte ein solches Instrument seiner Zeit kaufen, bis auf einen … Ich war zu dieser Zeit in Leverkusen unterwegs und entdecke bei Uli’s Musik genau diese Gibson Les Paul wieder in der Auslage, allerdings dieses Mal weiter hinten in den Hängeregalen.

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Der Hals von Brunos Gitarre war in vielen 1000 Betriebsstunden durch alle Lackierungen hindurch bis auf das blanke Holz komplett abgespielt, die gesamte Nitro-Lackierung aufgrund der Austrocknung in Spinnennetz-Style aufgerissen, jede Menge schwere bis sehr schwere Holzmacken, aber bis auf den gebrochenen Toggle Switch und die ausgeleierten Mechaniken komplett in Ordnung und ausgestattet mit einem Ton, der an Süße und Masse seinesgleichen sucht. Für ein solches Aging würde man heute einen fast fünfstelligen Betrag bezahlen, ich bekam das Original für einen Preis, der an Unanständigkeit nicht zu unterbieten ist. Aufgrund der damaligen Modeerscheinung gelingt es mir, die Gitarre für umgerechnet knapp 650,- Euro (!) zu ergattern, es sollte die beste Kapitalanlage meines Lebens werden.

Gibson Les Paul Custom 1969 - Hals

— Gibson Les Paul Custom 1969 – Hals —

Der Geschichtenerzähler

Belächelt von den Haarspray-gestählten Kollegen, aber stolz wie Oskar, ließ ich es mir nicht nehmen, das gute Stück nach entsprechender Restaurierung und Austausch von Teilen der Hardware zu meiner nächsten Probe mitzunehmen. Ich spielte seiner Zeit nebenbei in einer Kölner Rockoldie Band namens „Hardbeats“, welche die großen Hits der Sechziger und Siebziger in einer mächtig angeblasenen Version darboten. Schlagzeuger der damaligen Besetzung war Nossi Noske, der mir auch die Details zu der tragischsten Geschichte der Rockmusik erzählte.

Ich bin keine zehn Sekunden im Proberaum, da empfängt mich Nossi mit den Worten: „Du hast ja Brunos Gitarre.“ Ich, total verwundert, frage ihn, woran er das so schnell erkennt. Er: „An der Kerbe, da hat der Blitz eingeschlagen.“ In der Tat befindet sich unterhalb der hohen E-Saite auf halbem Weg zwischen den beiden Pickups eine fast 1 cm dicke Fräsung, die sowohl die Ahorndecke durchschlagen als auch den Pickguard weggeschmolzen hat. Ich hatte mich schon die ganze Zeit gefragt: Lange Fingernägel? Ungewöhnliche Plektron Haltung?) wie Bruno es geschafft hatte, die Bohrung zu erzeugen, aber die eigentliche Ursache war eine völlig andere.

Gibson Les Paul Custom 1969 - Trademark

— Gibson Les Paul Custom 1969 – Trademark —

Bis dass der Tod euch scheidet!

Laut Nossi spielte Birth Control in den frühen Achtzigern eine Show in Montreux in der Schweiz. Ja, genau die Stadt, um die es in dem Text von „Smoke On The Water“ geht, bei dem Deep Purple ihr Aufnahmeort bei einem Frank Zappa Konzert von einem Idioten mit einer Leuchtpistole abgefackelt wurde und sie gezwungen waren, ihren später größten Hit auf „Machine Head“ in der Etage eines Hotels aufzunehmen.

Die Halle, in der Birth Control spielten, war nicht vorschriftsmäßig geerdet, war zur Folge hatte, dass während der Show das Gesangsmikrofon von Bruno unter Drehstrom (380 V) geriet. Als sich Bruno dem Mikrofon nähert und mit den Lippen das Mikrofon berührt, löst der Schutzschalter aufgrund der fehlerhaften Masse nicht aus und Bruno steht unter Starkstrom. Nossi meinte noch, er wäre zu Anfang beeindruckt gewesen, was Bruno für eine fette Bühnenshow abliefert, bis er die katastrophale Situation erkennt, vom Schlagzeug aufspringt und versucht, den am Mikrofon klebenden und durch den Strom zuckenden Gitarristen vom Mikrofon zu trennen. Dabei steht er selber ebenfalls kurzfristig mit unter Strom.

Die Kombination Ampere/Volt ist dermaßen hoch, dass vom Mikrofonstativ ein Blitz auf die Gitarre überspringt und besagten Vertiefung unterhalb der Saiten in die Gitarre fräst! Bruno ist nicht sofort tot, im Krankenhaus wird jedoch eine massive Schädigung der Herzklappen attestiert, wobei der Arzt ihm für den Rest seines Lebens jegliche körperliche Anstrengung verbietet, an einen Bühnenauftritt gar wäre überhaupt nicht mehr zu denken. Einem echten Rockers entsprechend ignoriert Bruno dieses Verbot. Kurze Zeit später wird er während des Warmspielens zu einer Show von Nossi tot in der Garderobe gefunden. Vermutliche Todesursache, Herzklappenabriss.

Wer sich der Gitarre nach Brunos Tod angenommen oder sie eventuell noch gespielt hat, wie sie einen Weg erst nach Köln und schließlich nach Leverkusen finden konnte, lässt sich heute nicht mehr rekonstruieren. Es wäre reichlich unfair zu sagen, die Gitarre hätte Bruno getötet, aber mir ist es selber mehrfach passiert, dass einige Gitarristen, die von der Geschichte wussten, die Gitarre nicht einmal in die Hand nehmen wollten, auf dass das schlechte Karma nicht auf sie überspringt. Zwei sind sogar weggelaufen, als ich ihnen die Gitarre zeigen wollte.

Unter dem Strich bleibt ein einzigartiges Instrument mit einer einzigartigen Geschichte, das sich optisch immer sofort von allen anderen Paulas dieser Welt unterscheiden wird. Aufgrund der unzähligen Betriebsstunden ist das nunmehr knapp 49 Jahre alte Holz bestens eingeschwungen und erzeugt zusammen mit der alten Elektrik einen ganz hervorragenden, obertonreichen Vintage-Rocksound, wie er in den großen Hits der Sechziger und Siebziger verwendet wird, bis hin zu den ersten Schritten der New-Wave-Of-British-Heavy-Metal zu Anfang der Achtziger.

Eine echte Legende!

Setup: Um den authentischen Ton der Gitarre einzufangen, kam ein ’73 Marshall Superlead, ein ’77 Marshall 2203 und ein Hughes & Kettner Triamp MK3 Kanal 3B neben zwei Marshall 412 Cabinets mit 65 Watt Celestion und 75 Watt Celestion zum Einsatz, abgenommen mit mehreren SM57.

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Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    AMAZONA Archiv

    Nur ein Wort: Abgefahrene Geschichte! ;-0
    …und klingt wirklich großartig.
    Ein Mordsteil.

  2. Profilbild
    janschneider

    Kleine Besserwisser-Korrektur: 3500DM im Jahre 1983 würden übrigens heute nicht 1750€ entsprechen, sondern deutlich mehr, da man die Inflation mitrechnen muss. Wahrscheinlich eher 3500€ oder mehr.

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