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Test: Clavia Nord Grand 2 Stagepiano

Ein echter Master für die Bühne

3. Juli 2024
Das Clavia Nord Grand 2 Stage Piano im Test

Das Clavia Nord Grand 2 Stagepiano im Test

Das Nord Grand 2 ist das neueste Stagepiano aus dem Hause Clavia und sieht seinem Vorgänger sehr ähnlich. Bloß ein unbedeutendes Update oder der neue, große Wurf aus Stockholm? Das herausragende Merkmal des Nord Grand 2 ist seine Kawai Hammerklaviatur, die einem Flügel nachempfunden ist. Dabei ist das Instrument mit 21 kg vergleichsweise leicht gebaut und wirkt trotzdem solide und gut verarbeitet.

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Der Fokus liegt selbstredend auf Pianosounds aller Art: von Flügeln der meisten bekannten Namen über E-Pianos bis zu historischen Instrumenten. Zusätzlich finden sich ein Sampleplayer und eine umfangreiche Effektsektion mit direktem Parameterzugriff. Insgesamt vier Layers – je zwei Pianos und zwei Einheiten des Sample Players – können gleichzeitig aktiviert und auf zwei Splitzonen (wahlweise mit Crossfade) verteilt werden. Konsequenterweise liegen die Effekte in vierfacher Ausführung vor.

Dank des übersichtlichen Aufbaus findet man sich schnell zurecht: links die Klangerzeuger, mittig das Display zum Wählen der Presets und rechts die Effekte. Alle Funktionen und Parameter – oder zumindest die meisten – werden über eigene Potis aktiviert und geregelt; in Sachen Übersichtlichkeit ist Nord weiterhin eine Referenz, so dass man die gut geschriebene Bedienungsanleitung nur selten zur Hand nehmen wird.
Von den 432 Speicherplätzen (12 Bänke à 36 Programme) sind gut die Hälfte von Werkseite mit Presets belegt, während die übrigen für eigene Kreationen freigehalten sind. Ausserdem gibt es sechs Live-Speicherplätze, die sich sämtliche Änderungen laufend merken. Presets können nahtlos umgeschaltet werden, ohne dass der ursprüngliche Klang abbricht („Seamless Transitions“).

Das Nord Grand 2 Stage Piano bei mir zu Hause im Test

Das Nord Grand 2 Stagepiano bei mir zu Hause im Test

Kawai Klaviatur und Nord Triple-Pedal

Ehe wir uns der Klangerzeugung widmen, erstmal ein paar Worte über die Tastatur des Nord Grand 2, die in ähnlicher Form auch im Kawai Flaggschiff MP-11 SE verbaut ist. Kurz gesagt fühlt sie sich hervorragend an. Verglichen mit der Rennermechanik meines Flügels bestehen zwar Unterschiede – das Nord hat einen etwas schwereren Anschlag – doch bleibt ein authentischer Eindruck. Die Kawai-Tasten haben einen angenehmen Druckpunkt und repetieren schnell. Hingegen ist die Klaviatur nicht skaliert, d. h. dass alle Tasten das gleiche Gewicht haben, während an einem Klavier oder Flügel die hohen Töne etwas leichter sind als die tiefen, was mit unterschiedlich großen Hammerköpfen zusammenhängt. Die Tastenoberflächen des Nord Grand 2 bestehen aus glattem Kunststoff und nicht aus künstlichem Elfenbein, wie es bei anderen Stagepianos der Oberklasse teils zum Einsatz kommt. Aftertouch sendet die Klaviatur nicht.

Das mitgelieferte Triple-Pedal bietet einen angenehmen Widerstand und hat dank der beiliegenden Fußmatte einen festen Stand. Alternativ zur Standard-Belegung (links Una-Corda, Mitte Sostenuto) lassen sich die Pedale auch zum Umschalten der Presets oder für das Vibrato des Sample-Players nutzen.

Ein Blick von oben auf das Clavia Nord Grand 2 Stage Piano

Anschlüsse

Nebst dem Stereoausgang befindet sich ein Kopfhöreranschluss und ein Monitor-Input über kleine Klinke, der dem Ausgang hinzugemischt wird, um ein zusätzliches Audiosignal einzuschleifen. MIDI gibt es nur als In und Out, aber ohne Thru, während die Verbindung zum Rechner über eine USB-B-Schnittstelle läuft. Das Triple-Pedal wird über eine native Fünfpol-Buchse angeschlossen, außerdem finden sich Anschlüsse für ein normales Sustainpedal, einen Schweller und ein weiteres Pedal. Problematisch ist die Stromversorgung ohne Universalnetzteil: Ein Nord Grand 2 ist ausschließlich auf 240 V / 50 Hz oder 110 V / 60 Hz ausgelegt. Auf internationalen Tourneen wird man je nach Land einen Spannungswandler benötigen.

Die Anschlüsse des Clavia Nord Grand 2 Stage Piano

Die Anschlüsse des Clavia Nord Grand 2 Stagepiano

Die Nord Piano Library: Die Qual der Wahl

Das Nord Grand 2 versteht sich in erster Linie als digitales Piano und bietet eine Vielzahl an entsprechenden Samples, die man von der Homepage beziehen und frei zusammenstellen kann. Meines Wissens ist die Nord Piano Sample Library die umfangreichste seiner Art mit 13 verschiedenen Flügel-Samples, die nebst den bekannten Steinways, Yamahas und Kawais auch einen Fazioli und einen Bösendorfer Imperial umfasst. Besonders gefielen mir das neue White Grand (basierend auf einem Steinway B-211) und das Velvet Grand: ein Blüthner Konzertflügel (280 cm) mit einem warmen und zarten Ton.

Hinzukommen 14 Klaviere, darunter auch kleine Instrumente, deren kurzen Saiten einen charakteristischen Klang erzeugen sowie ein Feltpiano: ein mit Filz gedämpftes Yamaha SU-118.
Die Samples liegen jeweils in unterschiedlichen Qualitätsstufen vor, von „Small“ bis „XL“, da man bei den Nord Instrumenten mit einem mittlerweile ungewohnten Phänomen konfrontiert wird: knapper Speicherplatz von gerade mal 2 GB, die nicht ausreichen, um alle verfügbaren Nord-Samples zu laden. Sounds können von der Homepage runtergeladen werden und mittels des Nord Sound Managers 8 per USB auf dem Nord Grand 2 installiert werden. Dabei ist es ratsam, etwas Geduld an den Tag zu legen. Der Austausch eines 200 MB Piano-Samples dauerte über fünf Minuten.

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Die Liste der Piano Samples des Nord Grand 2 im Werkzustand. (Screenshot)

Dabei sind die Samplesets erstaunlich klein und belegen auch in der höchsten Auflösung nicht mehr als 250 MB, während sich Sample-Librarys für den Rechner stets im Gigabyte-Bereich bewegen. Klanglich ist beim normalen Spielen kein eklatanter Unterschied auszumachen, so dass man sich fragt, welche Zauberformel die Leute von Clavia einsetzen. Erstmal sollte nicht übersehen werden, dass Nord keine Una-Corda-Samples bereitstellt. Wird das linke Pedal gedrückt, erklingen die Pianos etwas leiser und dumpfer, während Librarys wie Synthogy Ivory oder VSL Synchron auf spezielle Una-Corda Dateien zurückgreifen. Außerdem ist davon auszugehen, dass Nord mit Sample-Loops und weniger Velocity-Layern hantiert, dies jedoch so geschickt, dass es beim Spielen kaum auffällt. Ich denke, dass in Live-Situationen zumal im Bandkontext kein Qualitätsunterschied zwischen einem guten Nord Sample von 200 MB und einem hundertmal größeren Synthogy Sound auszumachen wäre, zumindest nicht von Seiten des Publikums. Dennoch wünschte ich mir den einen SuperXXXL-Sound von Nord mit mehr Velocity-Layern und Una Corda Samples, der dazu natürlich mehr Speicher belegen würde.

Piano Sektion des Clavia Nord Grand 2 Stage Piano

E-Pianos, Clavinet und Cembalo

Auch bei den E-Pianos ist Nord gewohnt breit aufgestellt und wird ab Werk mit allen bisher veröffentlichten Nord Rhodes Samples bestückt. Das neue EP9 Stockholm, ein 1976er Mark I, klingt etwas glockiger als das beliebte Nefertiti (EP8) und spielt sich dynamisch und kraftvoll.

Von allen E-Piano Samples von Nord wäre dies mein Favorit. Doch brauchen sich auch die älteren Rhodes Sounds nicht zu verstecken: Die E-Pianos 1 und 2 („Low Deep“ und „Close Ideal“) gefallen mir weiterhin sehr gut, trotz ihres Alters von knapp 20 Jahren und ihrer kompakten Größe von 10 MB. Im direkten Vergleich ist das EP9 detailreicher und vielschichtiger, während EP1 und EP2 mit einem warmen und vollen Sound überzeugen.

Bei den Wurlitzer-Sounds hat sich seit Jahren nichts mehr getan. So befinden sich auch im Nord Grand 2 die beiden Wurlitzer Samples aus dem Hause Nord: nebst dem Wurlitzer 1, das bereits im Nord Stage Classic (anno 2005) zum Einsatz kam, ein etwas feiner aufgelöstes Sample eines Wurlitzers samt Verstärker („Wurlitzer 2 Amped“). Hier wäre noch etwas Luft nach oben. Auch bei den Clavinets ruht man sich auf seinen Lorbeeren aus und nutzt weiterhin das erste und einzige Clavinet-Sample, das von Nord vor knapp 20 Jahren veröffentlicht wurde. Dieses klingt gewiss nicht schlecht, hält aber einem Vergleich mit einer Software wie Keyscape nicht Stand. Besser sieht es bei den Cembalo-Klängen aus. Nord sampelte zwei historische Instrumente (Italian respektive French Harpsichord) in verschiedenen Registereinstellungen, die beide authentisch klingen. Wie für Cembalo üblich, reagieren diese Klänge nur bedingt auf die Anschlagsdynamik.

Eine Rarität ist das „Mozart Fortepiano“, ein Replikat eines Hammerflügels, wie er von Mozart Ende des 18. Jahrhunderts gespielt wurde. (Im Werkzustand ist das Sample nicht im Nord Grand 2 installiert, kann aber von der Nord Website kostenlos bezogen werden.)

Die Kategorie Digital umfasst Replikate bekannter E-Piano-Sounds der frühen Digital-Ära von Yamaha (DX7) und Roland. Eine schöne Reminiszenz an die 80er-Jahre.

Ein weiteres Highlight sind Marimba und Vibraphon.

„Sample-Synth“ oder eher „Sample-Player“?

Mit einem Speicher von 512 MB – für die jüngeren Leser: ein halbes Gigabyte – wirkt der Sample-Player vergleichsweise klein, was in der Praxis aber weniger limitierend ist, als man erwarten würde, da keine Multisamples verarbeitet werden. Im Werkzustand finden sich Streicher, Bläser, Gitarren, Orgeln, aber auch klassische Synthesizer und Mellotron-Sounds. Eigene Samples erstellt man mittels des Nord Sample Editors 4, der sich auch ohne Vorkenntnisse intuitiv bedienen lässt und Samples automatisch nach Tonhöhe den entsprechenden Tasten zuordnet.

Ein Sample-Set wird mittels zweier klickender Endlospotis angewählt – aufgeteilt in Kategorie und Sample. Anschließend können zwei Parameter der Hüllkurve editiert werden (Attack und Decay/Release). Nebst den drei unterschiedlichen Velocity-Kurven gibt es noch die Möglichkeit, zwischen „Bright“ und „Soft“ zu wählen, was ein verstecktes Filter aktiviert. Schade ist bloß, dass dieses Filter nicht weiter editierbar ist. Die Bezeichnung „Sample-Synthesizer“ erscheint mir da etwas selbstbewusst, ich würde eher von einem „Sample-Player“ sprechen. Vibrato kann mittels Pedal oder einen Druckknopf ganz links am Bedienpanel aktiviert werden, Intensität und Frequenz (zwischen 2 und 8 Hz in 0,1 Schritten) sind im Menü editierbar. Die Unison-Funktion macht den Klang angenehm breiter, ohne dabei Stimmen der Polyphonie zu opfern. Außerdem lässt sich der Sample-Synthesizer zu monophonen Sounds inklusive Glide umschalten in zwei festen Zeiten, die musikalisch passen mögen oder auch nicht. Polyphones Glide ist nicht möglich.

Der Symple-Synthesizer des Clavia Nord Grand 2 Stage Piano

Der Symple-Synthesizers im Nord Grand 2

Trotz aller Einschränkungen klingen die Samples authentisch und musikalisch. Besonders gefielen mir die Kirchenorgeln, die majestätisch groß und gleichzeitig filigran sind. Interessant sind auch die Streicher, die angenehm warm klingen, während die Bläsersounds trotz eines guten Grundklangs etwas leblos wirken, da wie bereits erwähnt keine Multisamples möglich sind, was im Vergleich zur japanischen und südkoreanischen Konkurrenz archaisch wirkt. Bestimmt sind Multisamples nicht alles: Dank sorgfältiger Programmierung sind auch mit einfachen Samples gute Resultate möglich, aber nur in einem begrenzten Rahmen. Vielleicht wäre es an der Zeit, dass Clavia ein paar alte Zöpfe abschneidet.

Die Samples analoger Synthesizer klingen – wie auch nicht anders zu erwarten wäre – wie das Original oder zumindest sehr ähnlich, doch kann ich nicht verheimlichen, dass ich einen Cutoff-Parameter vermisste. Selbst empfinde ich es als eher ermüdend, lange Preset-Listen durchzuhören, bis ich den passenden Analog-String-Sound gefunden habe; da käme ich mit guten Grund-Sounds und ein paar Parametern mehr ungleich schneller ans Ziel.

Das Angebot an Samples macht mich etwas ratlos: Anstelle der ohnehin nur synthetisch klingenden Frauen- und Männerchöre, die wahlweise „Oh“, „Oo“ oder „Mm“ singen, hätte ich mir eher ein gut klingendes Sample einer B3 oder einer Vox Continental gewünscht, das von Nord aber nicht angeboten wird. Die Botschaft dabei ist klar: Wer einen Hammond-Sound möchte, sollte sich doch bitte schön einen Nord Electro besorgen.

Effekte des Nord Grand 2

Im Vergleich zum Vorgänger Nord Grand wurde die Effektsektion um einige wesentliche Punkte erweitert. Erstens ist diese wie bereits erwähnt vierfach vorhanden, so dass man sich nicht mehr entscheiden muss, welchen Sound man mit welchem Effekt bearbeiten möchte. Und zweitens verfügen die Modulationseffekte neu über mindestens zwei editierbare Parameter, was zwar nicht nach viel klingt, aber flexibler ist als das bisherige Design. Qualitativ bewegt man sich auf gewohnt hohem Niveau. Auch wenn es punktuell bestimmt besser klingende Phaser, Chorus, Delays und Reverbs gibt, hätte ich keine Bedenken, sie auf der Bühne oder im Studio einzusetzen. Vermisst habe ich nur Kleinigkeiten: Es wäre schön, wenn das Delay nach Ausschalten des Effektes nicht abrupt abbricht, sondern die bestehenden Echos natürlich abklingen könnten. Des Weiteren fehlt ein dediziertes Tempo-Poti. Die Delay-Zeit kann getappt und über das Menü eingestellt werden, aber nicht über ein eigenes Poti, womit gewisse (zugegeben etwas experimentelle) Spielweisen mit Effekten nicht möglich sind. Praktisch ist, dass einige Effekte – EQ, Compressor und Delay – sich wahlweise auch global für alle Layer aktivieren lassen.

Effektsektion und Modulation im Clavia Nord Grand 2 Stage Piano

Das Nord Grand 2 in der Praxis

Nach dem Einschalten braucht das Nord Grand 12 Sekunden, bis die ersten Töne gespielt werden können, kurz genug, um nach einem etwaigen Stromausfall auf der Bühne wieder einsatzbereit zu sein. Das Bedienkonzept wirkt übersichtlich und vertraut und bietet gleichzeitig mehr direkten Parameterzugriff als die meisten Konkurrenten. Die insgesamt vier Klangerzeuger werden durch einen kurzen Druck auf den entsprechenden Layerknopf aktiviert und mit einem langen Druck deaktiviert. Ein kleines, aber nicht unwichtiges Detail ist mir dabei aufgefallen: Bei meinem Nord Stage ändere ich auch Klänge durch simples Aktivieren/Deaktivieren von Layern; wenn dies aber einen Druck von über einer Sekunde Dauer erfordert, wäre dies live zu umständlich. Beim Nord Grand 2 würde ich eher den Fader des Layers runterregeln.
Dass nur zwei Splitzonen zur Verfügung stehen, ist aus meiner Sicht eine empfindliche Einschränkung, namentlich beim Spielen in einer Coverband, wo Setups mit drei oder vier Zonen notwendig sind. Außerdem könnten die Funktionen als Masterkeyboard für externe Klangerzeuger etwas tiefgehender sein.

Eine Besonderheit der Nord Instrumente ist, dass die Programme auch Parameter inaktiver Layer und Effekte speichern. Dadurch kann man während des Spielens Layer und Effekte dazuschlagen, die daraufhin in der gewünschten Konfiguration erklingen. Die Vorgehensweise ist einfach: Erstmal die optionalen Layer und Effekte aktivieren, nach eigenem Gusto editieren und vor dem Speichern des Programms wieder stummschalten. Wenn diese im Programm aktiviert werden, stehen die entsprechenden Parameter auf den gewünschten Werten. Dadurch erhält man flexible Standardprogramme, die man mit wenigen Klicks erweitern und verändern kann.

Das Nord Grand 2 gehört zu jenen Pianos, von denen ich mich nur schwer losreißen kann. Es fühlt sich wie ein echtes Instrument an mit Sounds, die perfekt auf die richtig gute Tastatur abgestimmt sind. In den vergangenen zwei Wochen spielte ich das Nord Grand 2 täglich und arbeitete erfolgreich an technisch anspruchsvollen Stücken. Die Tastatur lässt kaum Wünsche offen, wobei ich auch der Meinung bin, dass die aktuellen Modelle Nord Piano 5 und Nord Stage 4, die mit einer Triple-Sensor-Klaviatur von Fatar bestück sind, nur unwesentlich schlechter sind. Das Niveau ist bei Nord allgemein sehr hoch.

Ein Hingucker auf der Bühne, das Clavia Nord Grand 2 Stage Piano

Ein Hingucker auf der Bühne, das Clavia Nord Grand 2 Stagepiano

Dennoch stören mich einige Dinge am Grand 2. Das Grundproblem ist, dass es auf der einen Seite sehr professionell und flexibel aufgestellt ist und gleichzeitig bei gewissen Aspekten – man kann es leider nicht anders sagen – veraltet und überholt wirkt. Dazu gehören nebst dem begrenzten Speicher und den eingeschränkten Möglichkeiten des Sample-Players solche Dinge wie Parametersprünge der Fader und fehlende symmetrische Ausgänge, die bei professionellen Stagepianos der Konkurrenz zur Standardausstattung gehören, indes nicht bei Nord. Außerdem hielte ich eine digitale Audioschnittstelle sowie ein zusätzliches Paar an Ausgängen für angebracht, um auf der Bühne die Piano- und Samplesounds zu trennen. Die Mischer würden es einem danken.

Freunde der Alten Musik werden sich daran stören, dass das Instrument keine alternativen Stimmungen laden kann, was gerade deshalb sonderbar wirkt, da Nord auf der einen Seite gut klingende historische Tasteninstrumente als Samples anbietet, aber gleichzeitig die Software so konzipiert, dass man diese Hammerklaviere und Cembali nicht authentisch spielen kann, da historische Stimmungen nicht vorgesehen sind.

Das gravierendste Problem ist aus meiner Sicht aber die fehlende Skalierung der Klaviatur, weshalb sich das Nord Grand 2 in den höheren Lagen nur begrenzt für pianistische Feinarbeit eignet. Ein weiteres Kapitel aus der Reihe der „eigenwilligen, unlogischen und unverständlichen Entscheidungen aus dem Hause Clavia“.

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Fazit

Das Nord Grand 2 läst sich hervorragend spielen, klingt authentisch und lässt sich einfach bedienen, während die aufgezählten Mängel und Einschränkungen eher Details betreffen und nicht jeden stören werden. Die wichtigsten Verbesserungen im Vergleich zum Vorgänger betreffen die Anzahl Layer – vier statt zwei – mitsamt eigenen Effektketten. Da aber Grand 1 und Grand 2 auf dieselben Samplesets zurückgreifen, sind klanglich keine Unterschiede zu erwarten. Ein Upgrade lohnt sich nur, wenn man die zusätzlichen Funktionen braucht. Ob der aufgerufene Preis von 4.000,- Euro dem Gegenwert gerecht wird, ist eine andere Frage.
Im Vergleich zur Konkurrenz wartet das Nord Grand 2 mit einigen Alleinstellungsmerkmalen auf, allen voran die große Piano-Library. Kein Mitbewerber bietet eine vergleichbare Auswahl an Flügeln, Klavieren, E-Pianos, Cembali und Hammerklavieren. Hinzu kommen die gutklingenden Effekte. Dabei ist das Nord Grand 2 trotz der Tastatur mit Hammermechanik vergleichsweise transportabel. Kurz gesagt: ein professionelles Instrument für Studio und Bühne, doch leider ohne skalierte Klaviatur.

Plus

  • angenehme Hammerklaviatur von Kawai
  • hervorragende Sounds
  • Qualität und Quantität der Effekte
  • breites Angebot an guten bis sehr guten Pianosamples aller Art dank der einzigartigen Nord Piano-Sample-Library
  • vierfach multitimbral
  • einfache und übersichtliche Bedienung
  • fühlt sich wie ein echtes Instrument an, man vergisst, dass man an einem "Rechner mit Holztasten" sitzt

Minus

  • Klaviatur nicht skaliert
  • Fader und Potis mit Parametersprüngen beim Umschalten von Presets oder Layern
  • nur ein Splitpunkt
  • keine symmetrischen Ausgänge
  • keine Einzelausgänge der Klangerzeuger
  • keine Multisamples (Sample-Synth)
  • kein Cutoff-Parameter (Sample-Synth)
  • keine alternativen Stimmungen möglich

Preis

  • 4.099,- Euro
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Clavia Nord Grand 2 Bisher keine Kundenbewertung verfügbar
Klangbeispiele
Forum
  1. Profilbild
    CKMUC

    Vielen Dank Martin für diese gewohnt präzise Besprechung. Und für die deutlichen Worte bzgl. der Unstimmigkeiten. Das ist bei Nord ja leider nichts Neues, jedes Mal dieselbe Leier. Leider.

  2. Profilbild
    maga

    „die in ähnlicher Form auch im Kawai Flaggschiff MP-11 SE verbaut ist“

    Ne, leider nicht.
    Das MP11SE hat die Grand Feel 2 mit echten Holztasten.
    Die im Grand „ähnelt“ eher der RH3 aus MP7SE bzw. ES920….was im Anbetracht
    des Preises……. aber gut……
    Schlecht ist die nicht, das wollte ich damit nicht sagen.

  3. Profilbild
    Faro

    Hallo Martin,

    vielen Dank für diesen sehr ausführlichen Test.

    Die Qualität der Sounds generell, lässt für mich zu wünschen übrig.
    Ich muss ganz ehrlich sagen, dass mal abgesehen von der Tastatur, der gute alte Yamaha SY 99 mit seiner FM und AWM Synthese, schon damals diese Sounds nicht schlechter hinbekam!

    Warum denke ich beim durchhören der Soundbeispiele an diese SY- Serie? 🤔

  4. Profilbild
    CKMUC

    Tolle Soundbeispiele. Ich wünschte, ich könnte so spielen, dann würde ich mir auch einen Flügel kaufen.

    • Profilbild
      Markus Galla RED

      @CKMUC Da sieht man wieder, dass selbst das langweiligste Instrument unter den Fingern eines Könners richtig gut klingen kann. Ist es nicht toll, dass wir bei Amazona.de unter den Autoren so geniale Musiker haben?

  5. Profilbild
    unknowninternetguy

    Artikel + Klavierspiel 👍

    ständiger Speichergeiz + nicht skalierte Klaviatur bei dem Preis 👎 Soundtechnisch wäre da sicherlich mehr drin bei mehr Speicher und dementsprechend größeren Sample Libraries.

  6. Profilbild
    miket

    Klar eingebaute gute sounds/pianos sind praktisch, aber ich benutze seit einiger Zeit ein Kawai VPC1 in Kombination mit VSL Flügeln und Pianoteq. Das schlägt m.E. alle internen Sounds aller E-Pianos bezüglich „realistischer“ Akustik-Pianos (und Pianoteq hat sogar sehr gute E-Pianos). Klar, ich transportiere den Kram nicht rum, nur Studio.

  7. Profilbild
    teletom

    Vielen Dank für den umfangreichen und durchaus kritischen Testbericht. Die Klangbeispiele sind wirklich Klasse und haben mir sehr gut gefallen, so würde ich auch gern Spielen können. Es ist wirklich schade das Clavia bei dem an sich guten Instrument an einigen Stellen gepatzt hat, Erfahrung sollte der Hersteller mittlerweile eigentlich genug haben …

  8. Profilbild
    Mac Abre

    Die Größe, das Gewicht, kein XLR-DI-Out, nur ein Splitpunkt. Sicher, dass der Klotz für die Bühne gedacht ist? Mit nur zwei Splitzonen kann ich auf der Bühne mal so absolut gar nichts anfangen. Oder geht Clavia davon aus, dass man sich immernoch die gute alte Keyboardburg auf die Bühne baut?

  9. Profilbild
    Markus Galla RED

    Alte Zöpfe abschneiden – das wäre gut, aber dafür müsste man dann auch mal so langsam neue wachsen lassen.

    Ich habe einen Nord Electro 5D mit 73 Tasten und eine Nord C2. In Berlin war ich auf der Superbooth im Nord-Zelt und habe mir die neueren Instrumente angeschaut. Es ist erschreckend, was sich in der ganzen Zeit NICHT getan hat. Die wenigen neuen Features sind für die meisten Spieler irrelevant und alles, was man sich seit Jahren wünscht, ist immer noch nicht realisiert.

    Man zahlt hier also 4099 Euro für ein Instrument, das technisch jeder aktuellen Workstation für unter 2000€ so hoffnungslos unterlegen ist, dass man sich die Frage stellen muss, wie der Preis eigentlich zustande kommt.

    Es hieß mal „I see Nord“ und alle haben irgendwie mitgemacht. Nord Keyboards waren Kult. Jetzt lackieren Musiker sie um oder kleben die rote Farbe ab (mehrfach gesehen). Da fällt mir dann noch ein Kritikpunkt auf, der schon für meine Nord C2 galt: Man schafft ein wunderschönes Instrument und die Rückseite ist einfach hässlich schwarz. Sogar mein Fantom hat eine rote Rückseite! Das Publikum sieht doch genau die und selten die Seite des Spielers!

    Zum Punkt „keine symmetrischen Ausgänge“: Bist du dir sicher? Schon mein alter Nord Electro 5D hat symmetrische TRS-Ausgänge…

      • Profilbild
        Markus Galla RED

        @CKMUC Ja, habe es auch gerade gesehen. Interessant: Da steht auch bei Nord C2 und Nord Electro 5D asymmetrische Klinke auf der Nord-Seite. Ich muss mal mein altes Manual raussuchen. Ich war mir recht sicher, dass in dem alten Manual noch von TRS symmetrisch die Rede ist. Aber die Jungs bei Nord werden es wohl wissen. Umso schlimmer…

  10. Profilbild
    ukm

    Ich habe meinen Nordstage schon 2010 verkauft und hatte kein Verlangen, wieder einen zu kaufen. Wenn ich jetzt einen auf einer Bühne sehe, steigert das wie auch bei Workstations nicht meine Vorfreude auf die Performance (obwohl gute Player immer noch etwas herausholen können).
    Seit ca. 8 Jahren bin ich nahezu samplefrei, was Instrumente betrifft.

  11. Profilbild
    Unimoog

    Die Tastatur vom Yamaha CP-88 und der Rest vom Nord Grand wäre eine gute Mischung.🙂

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